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Ford Capri – Der Halbstarke Ford Capri – Der Halbstarke

Ford Capri – Der Halbstarke

Ford wollte gegen Ende der 60er-Jahre ein Auto für junge Leute schaffen. Am Ende kam eines der populärsten Autos heraus: der Ford Capri, ausgestattet mit Fünfganggetriebe von ZF. Damit der Kult weiterleben kann, bietet ZF Ersatzteile an.

Autor: Janine Vogler, 2024-04-11

Die Initiative kam bei Ford aus Detroit: Praktisch sollte der Wagen sein. Und individuell. Eine sportliche Karosserie im Stile eines Sportcoupés sollte er haben, mit komfortablem Interieur und Platz für mindestens vier Erwachsene. Günstig sollte er auch sein. Und obendrein viele Individualisierungsmöglichkeiten bezüglich Motoren und Ausstattungsvarianten bieten.

Das wünschten sich die jungen Leute damals, ob mit Familie oder ohne, vor allem in Europa. In jedem Fall sollte das zukünftige Europa-Modell an den Erfolg des Mustangs in Nordamerika anknüpfen.

Doch was heute üblich ist, musste damals erst erfunden werden: In England und Deutschland wurde vier Jahre lang über den zukünftigen Kundengeschmack gebrütet: Am Ende entstand ein Weltmodell - eine Baureihe mit ganzen zwölf Motorisierungsvarianten, verschiedenen Ausstattungspaketen und zusätzlichen individuellen Optionen.

Der Ford Capri als mondänes Überraschungspaket...

Der Ford Capri als mondänes Überraschungspaket...

Ein Erlkönig sorgte für Publicity

1968 wurde ein Capri erstmals als Erlkönig gesichtet und machte die Medien neugierig. Offiziell vorgestellt wurde er dann 1969 auf dem Autosalon von Brüssel - und schlug ein wie eine Bombe. Zu Beginn wurde er noch Colt genannt, da sich Mitsubishi jedoch diesen Namen rechtlich hatte schützen lassen, konnte Ford ihn nicht verwenden. Der Capri war im Hinblick auf günstige Preise vergleichsweise einfach konstruiert und konnte dadurch zu einem äußerst attraktiven Preis angeboten werden. Die Karosserie war selbstragend, die Vorderräder waren einzeln aufgehängt, während im Heck eine Starrachse für die Führung der angetriebenen Hinterräder sorgte. Vor allem punktete er mit seinem an den Mustang angelehnten Design. Die nicht mehr ganz so günstige Version 2600 RS leistete 150 PS und für die damalige Zeit sensationelle Fahrleistungen. Mit seinem V6-2,6-Liter-Motor stellte Ford früh eine gute Basis für den Breiten- und Spitzensport und fuhr etliche Rennerfolge ein. Die etwas modifizierten US-Versionen wurden übrigens ebenfalls in Köln gebaut. Vermarktet wurde er in USA als „Capri imported by Lincoln-Mercury“ – und zwar dermaßen erfolgreich, dass er dort zeitweise das meistverkaufte Importmodell nach dem VW-Käfer war.

Mit dabei war schon bald das neue sportliche Fünfganggetriebe S5-18/3 von ZF. Das ZF-Synchroma-Getriebe wurde 1968 für Pkw und Sportfahrzeuge aus dem S4-18/3 entwickelt, was hauptsächlich in BMW-Fahrzeugen Anwendung fand. In den 1970er Jahren waren die meisten Pkw standardmäßig mit einem Vierganggetriebe ausgestattet. Die Fünfgang-Variante wurde damals sehr oft als Option angeboten und kam beispielsweise als S 5-18/3 von ZF. Es gab dieses Getriebe in unzähligen Ausführungen für Fahrzeuge von nahezu allen Herstellern.

Das Fünfganggetriebe S5-18/3 von ZF wurde auch im Rennsport eingesetzt.

Das Fünfganggetriebe S5-18/3 von ZF wurde auch im Rennsport eingesetzt.

Kommunikationstechnisch wurde beim Capri nichts dem Zufall überlassen: Mit einem Slogan nach dem anderen wurden die Medien geradezu bombardiert und der Erfolg gab den Marketing-Leuten recht. In den ersten fünf Jahren wurden rund 1 Million Fahrzeuge verkauft.

Im Februar 1974 wurde dann ein aufgefrischter Capri II vorgestellt. Er glich seinem Vorgänger stark, denn schließlich wollte man ja nicht von der Erfolgs-Formel abrücken. Die beiden auffälligsten Unterscheidungsmerkmale waren eine Heckklappe und die größeren Breitbandscheinwerfer vorne. Insbesondere die einzigartige Heckklappe mit umlegbaren Einzelsitzen im Fond sollten den Capri für die nächsten Jahre attraktiv halten. Im März 1978 wurde die dritte und letzte Generation des Capri vorgestellt.

Für die Rallyeversionen ist der komplette Radsatz verfügbar

Das S 5-18/3 ist heute beliebter denn je, denn es wird sehr gerne im historischen Rallyesport in England eingesetzt. Der Verschleiß und dadurch ein konkreter Ersatzteilbedarf sind bei diesen harten Einsätzen vorprogrammiert. Deshalb hat ZF damit begonnen, Wellen, Räder und Synchronteile für die im Rallye-Einsatz sehr oft verwendete Getriebeübersetzung 2,3 bis 1,0 nachzufertigen, die als Reparatur-Kit komplett angeboten wird. Wellen, Räder, Synchronpakete mit Schiebemuffen, Lager und Dichtringe sind als Varianten für Ford erhältlich. Auf Anfrage können auch weitere Übersetzungsanwendungen und Teile nachgefertigt werden. Die Rennsporterfolge des Ford-Coupés und die flache Konstruktion zog über die Jahre eine spezielle Kundschaft an.

Das führte dazu, dass an vielen Capris geschraubt und getunt wurde: Es wurden Schürzen angebracht, Kotflügelverbreiterungen angefertigt, Heckstoren montiert und eindrucksvolle Flügelwerke angebaut. Es gab kaum einen Capri, der unverändert durch die Achtziger- und Neunzigerjahre kam. Dabei war es meist unwichtig, ob unter der Haube ein schmächtiger 1300-er oder ein potenter V6 röhrte - Hauptsache das Ergebnis sah schnell aus. So waren die Capris auch meistens kein Fall für seriöse Gebrauchtwagenhändler und viele verendeten letztlich auf dem Schrott. Seit einigen Jahren haben jedoch mehr und mehr Leute ihre Liebe zum eleganten Coupé gefunden und der Capri ist zum beliebten Klassiker geworden. Von fast 1,9 Millionen verkaufter Capri-Coupés sind allerdings nicht viele unverbastelte Exemplare übrig geblieben…

Der 150-PS-starke Ford Capri RS ist heute ein gesuchtes Liebehabermodell.

Der 150-PS-starke Ford Capri RS ist heute ein gesuchtes Liebehabermodell.