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ZF GreenPackaging – profitabler Klimaschutz ZF GreenPackaging – profitabler Klimaschutz

Green Packaging – profitabler Klimaschutz

Mit einem Pilotprojekt zu umweltfreundlichen Transportverpackungen unternimmt ZF einen weiteren Schritt, um die eigene Produktion nachhaltiger zu gestalten. Ein neues Verpackungsmaterial mit hohem Schilfgrasanteil trägt dazu bei, die fürs Klima wichtigen Moore zu erhalten, den Einsatz von Kunststoff zu reduzieren und Kosten zu senken.

Autor: Frank Thoma, 2024-04-18

Machen wir einen Ausflug ins Grüne, konkret: ins Moor. Nach der letzten Eiszeit begannen Moore überall dort auf Landflächen zu entstehen, wo Wasser im Überfluss vorhanden war und Hohlräume im Boden füllte. Pflanzen, die Kohlendioxid aufnehmen und Sauerstoff produzieren, sinken nach ihrem Absterben im Wasser auf den Grund. Der Luftabschluss und das saure Wasser verhindern, dass sich Pflanzenreste vollständig zersetzen. Stattdessen verwandelt sich die organische Masse in Torf. Auf diese Weise entziehen Moore der Atmosphäre riesige Mengen von Kohlendioxid und lagern es als Kohlenstoff im Moor ein. Nach Angaben des United Nations Environment Programme (UNEP) machen Moore zwar nur etwa drei Prozent der weltweiten Landfläche aus, speichern jedoch fast 550 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – doppelt so viel wie alle Wälder auf der Erde zusammen. Insgesamt binden Moore ein Drittel des Kohlenstoffs im Boden. Das macht diese speziellen Feuchtgebiete zu wirksamen Kohlenstoffsenken und damit zu einem wichtigen Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise.

Nur intakte Moore sind Klimaretter

Werden Moore jedoch entwässert, um daraus landwirtschaftliche Flächen zu machen, entfällt die natürliche Funktion, Kohlendioxid zu binden. Beim Kontakt des pflanzlichen Kohlenstoffs im Torf mit dem Sauerstoff in der Luft entsteht das Treibhausgas CO2, das in die Atmosphäre entweicht: geschätzt zwei Milliarden Tonnen pro Jahr. Auf der UN-Klimakonferenz von Glasgow im Jahr 2021 warnte deshalb der Moor-Experte Hans Joosten. „Im trockenen Zustand sind Moore echte Klimabomben.“ Joosten ist inzwischen emeritierter Professor der Universität Greifswald. Um den Klimawandel zu verlangsamen und die im Pariser Abkommen von 2015 festgelegten Ziele zu erreichen, ist es deshalb unverzichtbar, den Kohlenstoff in den Mooren zu halten, indem sie nass bleiben oder wiedervernässt werden.

Was das alles mit ZF zu tun hat? Der Technologiekonzern arbeitet an einem Pilotprojekt, das dazu beiträgt, Moore zu erhalten und das deren nachhaltige Bewirtschaftung begünstigt. Diese sogenannte Paludikultur ist eine innovative Alternative zur üblichen Landwirtschaft auf trockengelegten Mooren, die Bauern ein Einkommen sichert. Im Falle des ZF-Projekts geht es um Schilfgras aus dem Moor, das zusammen mit recyceltem Papier zu Transportverpackungen für Getriebekomponenten verarbeitet wird. Ziel ist, die bislang üblichen Transportverpackungen aus Kunststoff zu ersetzen. Aber der Reihe nach.

Suche nach grüner Transportverpackung

Nach dem Start des Projekts im Frühjahr 2022 in der Division Commercial Vehicle Solutions (CVS) entschied sich das Projektteam, das Mechatronik-Modul fürs Nutzfahrzeuggetriebe TraXon auf dem ZF-internen Transport in einem völlig neuartigen, umweltfreundlichen Material zu verpacken. Wichtigste Vorgaben: Die Transportverpackung sollte deutlich nachhaltiger sein als die vorhandene Lösung aus Kunststoff und auch noch preisgünstiger. Im Idealfall sollten sich die Ergebnisse des Pilotversuchs auf andere Produkte und Divisionen übertragen lassen.

ZF TraXon - Auf der Oberseite des TraXon-Getriebegehäuses sitzt das Mechatronik-Modul.

Auf der Oberseite des TraXon-Getriebegehäuses sitzt das Mechatronik-Modul.

Gestapelt in Gitterboxen reisten im Jahr 2023 insgesamt 290.000 TraXon AVT-Module von Hannover zur Getriebemontage nach Friedrichshafen, aber auch nach Übersee (Jiaxing in China und Sorocaba in Brasilien). Jedes der Module ruht dabei in einem „Tray“, einer stabilen Schale aus Polyethylenterephthalat (PET), die das Bauteil schützt. Problematisch daran ist, dass Erdöl der Grundstoff für diese Einwegverpackung ist. Dazu kommt, dass auch die Entsorgung des Thermoplastes PET Kosten verursacht. Warum also nicht den Plastik-Tray durch eine Schale aus sogenanntem Faserguss ersetzen? Faserguss ist ein Materialmix aus recyceltem Papier und Schilfgras. Letzteres wird in Mooren geerntet. Während der ökologische Fußabdruck jedes der 500 Gramm schweren Trays aus PET bei etwa 1000 Gramm CO2 liegt, beträgt er bei der Variante aus Faserguss lediglich circa 100 Gramm.

Für den Transport zwischen den ZF-Standorten liegt jedes Mechatronik-Modul zum Nutzfahrzeuggetriebe TraXon bislang gut geschützt in einer stabilen Schale aus dem umweltschädlichen Kunststoff PET.

Für den Transport zwischen den ZF-Standorten liegt jedes Mechatronik-Modul zum Nutzfahrzeuggetriebe TraXon bislang gut geschützt in einer stabilen Schale aus dem vergleichsweise umweltschädlichen Kunststoff PET.

Überzeugende Bilanz

Gemeinsam mit einem neuen Lieferanten tüftelte das interdisziplinäre ZF-Team im besten Sinne der ZF-Way-Prinzipien „Passion, Anticipation und Accountability“ am Design und an der optimalen Materialzusammensetzung für die Transportschale aus Faserguss. Im September 2023 war der erste Prototyp in zwei unterschiedlichen Zusammensetzungen verfügbar. Zwei Chargen mit jeweils 100 Faserguss-Trays liefen im Alltagsprozess mit. „Grundsätzlich funktionierten sie und erfüllten die Anforderungen bereits zu 80-90 Prozent, doch war beim Handling noch Raum für Verbesserungen. Wir sind überzeugt, dass nach den Ergebnissen mit dem zweiten Prototyp die Entscheidung über eine Serienfertigung fallen kann“, sagt Dr. Burkhard Bogisch, der das Projekt initiierte und verantwortet. Der zweite Prototyp wird erneut mit 200 Muster-Trays unter echten Produktionsbedingungen getestet und kann dann zeitnah in die Serie gehen.

„Im Vergleich zu den Transport-Trays aus PET haben wir bei den Schalen aus Faserguss neben dem ökologischen Vorteil eine deutliche Kostenersparnis."
Dr. Burkhard Bogisch, verantwortlich für das Projekt bei ZF

Zwar ist auch der Verbundwerkstoff aus Papier und Schilfgras eine Einwegverpackung, doch hat sie gegenüber PET entscheidende Vorteile: Sie lässt sich aus nachhaltig gewonnenen Rohstoffen herstellen und am Produktlebensende gut verwerten. Ein Recycling, um das Material wieder in den Herstellprozess der alternativen Verpackung einzubringen, wäre ein perfekter Beitrag für die Kreislaufwirtschaft. Dies ist auch grundsätzlich möglich, aber momentan betriebswirtschaftlich vermutlich noch nicht tragfähig. Aktuell ist geplant, die benutzten Verpackungen zunächst an Biogasanlagen zu verkaufen, was die Lebenszyklus-Kosten bereits senkt. Ebenso möglich ist eine Kompostierung. Hier wird die Zeit zeigen, wie sich Ökonomie und Ökologie am besten verbinden lassen.

Hergestellt aus dem nachhaltigeren und sogar preisgünstigeren Faserguss-Material aus Recyclingpapier und Schilfgras sinkt der CO2-Fußabdruck pro Schale auf ein Zehntel im Vergleich zu PET.

Hergestellt aus dem nachhaltigeren und sogar preisgünstigeren Faserguss-Material aus Recyclingpapier und Schilfgras sinkt der CO2-Fußabdruck pro Schale auf ein Zehntel im Vergleich zu PET.

Fasergussverpackung mit großem Potenzial

Zu den Kostenvorteilen bei Einkauf und Entsorgung kommt, dass seit Jahren die Preise für Schilfgras relativ stabil sind. Auch ist eine derartige Verpackung von steigenden CO2- und Plastik-Abgaben unabhängig. „Im Vergleich zu den Transport-Trays aus PET haben wir bei den Schalen aus Faserguss neben dem ökologischen Vorteil eine deutliche Kostenersparnis“, freut sich Bogisch.

Bei der Menge an innerbetrieblichen Transportverpackungen, die ZF konzernweit verwendet, ist das Potenzial der Faserguss-Trays bei den Kosten- und Klimaschutzvorteilen riesig. Noch größer wird es, wenn es gelingt, auch die Transportverpackungen von Lieferanten an ZF und von ZF an seine Kunden miteinzubeziehen.

Sustainability@ZF