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Lieferkette jetzt grüner machen Lieferkette jetzt grüner machen

Lieferkette jetzt grüner machen

ZF will und muss seinen CO2-Fußabdruck verkleinern, um 2040 klimaneutral zu sein. Eine wichtige Rolle spielen dabei zugekaufte Materialien wie Stahl. Hier ein Blick hinter die Kulissen.

Autor: Frank Thoma, 2023-03-27

Hoch im Norden Schwedens, keine 100 Kilometer entfernt vom arktischen Polarkreis, startet eine neue industrielle Revolution. Hier, nahe der Kleinstadt Boden, baut das Start-up H2 Green Steel derzeit eine neue Stahlhütte. Deren Besonderheit ist, dass sie vom Jahr 2026 an sogenannten grünen Stahl produzieren wird. Der Schmelzprozess selbst erfolgt dabei mit nachhaltig erzeugtem Strom in Elektro-Lichtbogenöfen und mit grünem Wasserstoff. Letztgenannter ersetzt im Reduktionsprozess die übliche, extrem umweltschädliche Kokskohle. Im Vergleich zum traditionellen Verfahren sinken bei H2 Green Steel die CO2-Emissionen um bis zu 95 Prozent. Grund genug für ZF, sich bis zum Jahr 2033 jährlich 250.000 Tonnen von diesem annähernd klimaneutral erzeugten Stahl liefern zu lassen. Diese Menge entspricht etwa einem Zehntel des ZF-weiten Bedarfs im Jahr 2021.

CO2-Neutralität: Check sämtlicher Aktivitäten

Der Vertragsabschluss zwischen beiden Unternehmen im Frühling 2022 markiert einen großen Schritt zur geplanten Klimaneutralität von ZF bis zum Jahr 2040. Diese gelingt nur, wenn die eigenen Aktivitäten klimaneutral sind, aber auch sämtliche zugekauften Rohstoffe, Vorprodukte und natürlich auch die Energie. Dabei verfolgt ZF unterschiedliche Ansätze, um Emissionen in seiner nachgelagerten Wertschöpfungskette zu reduzieren. “Zum einen arbeiten wir zusammen mit unseren Lieferanten daran, auf Materialien oder Technologien umzustellen, die weniger Kohlenstoff ausstoßen; zum anderen treiben wir das Thema Strom aus erneuerbaren Quellen voran, da wir sauberen Strom als einen entscheidenden Hebel in der Dekarbonisierung bewerten”, sagt Michael Schmitt, Vice President Supplier Management and Sustainability. Sein Nachhaltigkeitsteam der Materialwirtschaft formuliert für die unterschiedlichsten Materialien und für Energie bindende Nachhaltigkeitsanforderungen für Lieferanten.

Stahl: vielseitig, aber schwer belastet

Nach Angaben des Weltverbandes Worldsteel produzierte die Branche im Jahr 2021 weltweit 1,95 Milliarden Tonnen Stahl. Damit ist die Stahlerzeugung für sieben bis neun Prozent der direkten CO2-Emissionen verantwortlich. Nach dem Bauwesen ist die Automobilindustrie der größte Stahlabnehmer. Jährlich verarbeitet der ZF-Konzern direkt und indirekt rund 2,5 Millionen Tonnen des vielseitigen Werkstoffes. Stahl ist extrem widerstandsfähig und dennoch formbar, zudem lässt er sich unendlich oft wiederverwerten. Seinen vielen Vorteilen steht jedoch ein gewichtiger Nachteil gegenüber: Stahl schleppt einen riesigen Emissionsrucksack mit sich.

„Unser Anspruch ist, frühzeitig in Schlüsselthemen einzusteigen und gemeinsam mit Lieferanten wie H2 Green Steel die Entwicklung innovativer Produkte und Lösungen bei Stahl voranzutreiben."
Matthias Lang, Vice President Production Materials, Steel Components bei ZF

Hergestellt im klassischen Hochofenverfahren, entstehen bei der Produktion von einer Tonne Stahl schließlich mehr als 1,8 Tonnen Kohlendioxid. Das Verfahren des neuen Lieferpartners H2 Green Steel vermeidet hingegen 95 Prozent der CO2-Emissionen; beim Prozess des Stahlkochens entsteht hier als Nebenprodukt fast ausschließlich harmloser Wasserdampf. „Unser Anspruch ist, frühzeitig in Schlüsselthemen einzusteigen und gemeinsam mit Lieferanten wie H2 Green Steel die Entwicklung innovativer Produkte und Lösungen bei Stahl voranzutreiben. Es ist eine unserer Top-Prioritäten, den CO2-Fußabdruck unserer Produkte weiter zu senken“, so Matthias Lang, Vice President Production Materials, Steel Components.

Lösungsweg Lieferanten-Partnerschaft

Neben der Zusammenarbeit mit neuen Partnern entwickelt ZF auch seine bestehenden Lieferanten dahin, nachhaltiger zu produzieren. So startete der Technologiekonzern Endes des Jahres 2021 etwa mit der Mubea Tellerfedern GmbH ein Pilotprojekt. Dabei untersuchten beide Seiten, welche der bereits für ZF seit Jahren in Serie produzierten und gelieferten Getriebe-Tellerfedern sich für ein Nachhaltigkeitsprojekt eignen.

Neben der Zusammenarbeit mit neuen Partnern entwickelt ZF auch seine bestehenden Lieferanten dahin, nachhaltiger zu produzieren. So startete der Technologiekonzern Endes des Jahres 2021 etwa mit der Mubea Tellerfedern GmbH ein Pilotprojekt. Dabei untersuchten beide Seiten, welche der bereits für ZF seit Jahren in Serie produzierten und gelieferten Getriebe-Tellerfedern sich für ein Nachhaltigkeitsprojekt eignen.

Getriebe-Tellerfeder, hergestellt aus grünem Stahl, wie sie derzeit ZF-Experten untersuchen.

Schließlich identifizierten die Beteiligten zwei geeignete Typen. In einem nächsten Schritt erstellten sie den Product Carbon Footprint (PCF), den CO2-Fußabdruck, zu den beiden Getriebe-Tellerfedern bei der aktuellen Produktionsweise. In enger Abstimmung mit Kunde ZF stellte Mubea anschließend den Herstellungsprozess beim eingesetzten Stahl innerhalb des Pilotprojekts auf „green Steel“ um. Ende Januar 2023 lieferte Mubea eine erste Produktionscharge der „grünen“ Getriebe-Tellerfedern zur Begutachtung an ZF.

Die Zeichen der Zeit erkannt hat auch der Metallhändler Klöckner & Co SE und handelt entsprechend. So bietet der Konzern mit Sitz in Duisburg seinen Abnehmern für die eigenen mehr als 200.000 Produkte individuell berechnete Product Carbon Footprints (PCF) an. Kunden wie ZF dienen diese PCFs zur verbesserten Transparenz. Seit Ende Januar 2023 liefert die Klöckner-Konzerntochter Becker Stahl-Service für ausgesuchte Teile aus Flachstahl auch den PCF mit.

First Movers Coalition

Freiwillig die CO2-Neutralität vorantreiben

Als eines von mehr als 60 großen Unternehmen weltweit gehört ZF als Gründungsmitglied der „First Movers Coalition“ (FMC) an. Im Jahr 2021 gegründet, ist die FCM eine Partnerschaft zwischen dem Weltwirtschaftsforum und dem Sondergesandten des US-Präsidenten fürs Klima, John Kerry. Die First Movers Coalition hat die Aufgabe, die Entwicklung und den Einsatz dringend benötigter CO2-senkender Technologien in unterschiedlichen Bereichen massiv voranzutreiben. Bis zum Jahr 2030 verpflichten sich die Mitglieder dieser Koalition, möglichst viele emissionsfreie Waren und Dienstleistungen zu kaufen. Dies soll die Nachfrage nach kohlenstoffarmen Technologien ankurbeln, sie wettbewerbsfähig machen und zum Aufbau sauberer Lieferketten für die Zukunft führen. Bei seinem Beitritt gab ZF ein Kaufversprechen für den Bereich „Stahl“ ab. Mit der großen Stahl-Order bei H2 Green Steel beginnt ZF sein FMC-Versprechen bereits vom Jahr 2025 an zu erfüllen. Dies macht ZF zum Vorreiter.

Weitere Informationen

Wie ZF nachhaltig denkt und handelt

Nachhaltigkeit beinhaltet weit mehr als Umweltschutz. So gehören Themen wie soziale Verantwortung ebenso dazu wie Gleichberechtigung und Chancengleichheit. ZF hat in dieser Hinsicht bereits einiges erreicht und sich darüber hinaus ambitionierte Ziele für die Zukunft gesetzt. Lesen Sie hier, welche das sind – und wie ZF für mehr Nachhaltigkeit sorgt.