Perfektion im Verborgenen
Miriam Beck hat in 16 Jahren bei ZF einen Paradigmenwechsel erlebt. Sie macht ihren Job besonders gut, wenn der Endkunde nicht bemerkt, dass es sie gibt: Miriam Beck arbeitet am Fahrwerk der Zukunft. Das Wichtigste dafür sind Funktionen – und Kollegen aus anderen Teams. Das Ergebnis: cubiX.
Ihre Begeisterung für Software kann Miriam Beck kaum zügeln. Sie ist Managerin Portfolio Management System House Vehicle Motion Control, verantwortlich für Strategy & Partnership und seit 16 Jahren im Konzern. In dieser Zeit hat sie einen echten Paradigmenwechsel erlebt: „Anfangs hat Software nur dazu gedient, Hardware-Komponenten so gut wie möglich zu unterstützen – etwa bei der optimalen Steuerung eines Achtgang-Automatikgetriebes. Heute überlegen wir, wie wir alle Fahrwerksysteme intelligent vernetzen, um eine optimal kontrollierte Längs-, Quer- und Vertikaldynamik zu ermöglichen.“
Dieser neue Ansatz hat Ende 2022 zu einem vorläufigen Höhepunkt geführt: Der ersten Serienanwendung von ZF cubiX, einer Software, die alle Fahrwerkfunktionen wie Bremse, Vorder- und Hinterachslenkung und die aktive Wankstabilisierung sowie den Elektroantrieb des neuen Sport-SUVs Lotus Eletre steuert.
cubiX ist ein Beispiel für den Trend zum Software-definierten Fahrzeug: weg von den vielen Einzelsteuerungen der Hardware-Komponenten, hin zu übergreifenden Domänen- und Zonenarchitekturen. Bislang haben Dämpfer, Bremse oder Hinterachslenkung jeweils eigene, unabhängige Fahrdynamikregler, die aufwändig aufeinander abgestimmt werden müssen.
Vernetzung als Gamechanger
Dass Vernetzung bei der Zukunft der Mobilität der Gamechanger sein würde, hat die gelernte Wirtschaftsingenieurin bereits während ihres Studiums erkannt: Als Auto- und Technik-Fan, wie sie sich selbst bezeichnet, hatte sie sich im Grundstudium auf Fahrzeugtechnik spezialisiert und im Formula Student-Team der FH Ravensburg engagiert. In der von ZF unterstützten Challenge treten Hochschulteams aus der ganzen Welt mit ihren selbst entworfenen und gebauten Rennwagen gegeneinander an. Dabei zählen nicht nur technisches Wissen und Konstrukteurs-Know-how, sondern auch Organisation, Projektmanagement und Kostenkalkulation. „Bei den E-Motoren der Formula Student hat die Software eine erheblich wichtigere Rolle als bei den zuvor verwendeten Verbrennern gespielt und wurde zum entscheidenden Kriterium“, rekapituliert sie ihre Erfahrungen. Kein Wunder, dass sie sich als Thema für ihre Diplomarbeit die Hybridantriebs-Entwicklung bei ZF aussuchte – und ein später berufsbegleitendes MBA-Studium mit einer Master-Thesis über die Marktentwicklung für Elektrofahrzeuge abschloss.
Der über den Tellerrand der Technik hinausgehende strategische Blick war Miriam Beck schon immer wichtig: „Im System House Vehicle Motion Control kann ich meine Vorstellungen vom cross-divisionalen Denken perfekt verwirklichen“, sagt sie. „Das System-Know-how aus dem gesamten ZF-Konzern trifft hier auf jahrzehntelange Erfahrung in den Bereichen Brems- und Lenksysteme, aktive Dämpfer und Antriebstechnik. Unser Ziel ist es, mit cubiX das Fahrverhalten mit Blick auf Komfort, Dynamik und Effizienz zu optimieren und über definierte Schnittstellen eine Plattform für neue Funktionen zu bieten, die sich unabhängig von der Konfiguration eines Fahrzeugs entwickeln und über die Laufzeit aktualisieren und erweitern lassen.
Aber nur, weil ZF eben kein reines Software-Start-up ist, sondern über 100 Jahre Erfahrung in der Entwicklung automobiler Hardware verfügt und alle Anwendungsfälle und Anforderungen kennt, können wir diese Funktionen auch mit der nötigen Reife für den Serieneinsatz versehen.“ Eine notwendige Voraussetzung dafür: ein interdisziplinäres Team mit breitem Background – und die Offenheit, mit allen Fachleuten aus dem Konzern den Austausch zu suchen.
100 Jahre Erfahrung in der Entwicklung
Ein Beispiel für das einzigartige ZF-Knowhow: die Steer-by-Wire-Technologie. Statt einer starren Lenksäule übermitteln elektronische Signale die Befehle des Fahrers an die Lenkung. Das ermöglicht neue Sicherheits- und Komfortfunktionen und ist ein Durchbruch auf dem Weg zum autonomen Fahren.
Gerade in dieser interdisziplinären Kompetenz sieht sie ZF klar im Vorteil – nicht nur aus Perspektive der Mitarbeiter, sondern auch der Kunden: „Die einzigartige Vielfalt der Erfahrung und die Agilität der Entwicklung über alle Komponenten und Systeme hinweg mündet letztlich in ein höheres Level der Vernetzung. Das erweitert die eigenen Horizonte und ermöglicht Produkte in einer besonderen, ganzheitlichen Qualität – so wie cubiX.“ Das erste Software-Produkt des Konzerns belegt, dass die E-Mobilität einen Quantensprung für ZF bedeutet: Weil sich das Unternehmen besonders früh bei Elektromotoren und Leistungselektronik engagiert hat, ist jetzt auch die Integration des Antriebs in ein Vehicle Motion Control Software Ecosystem möglich – eine Entwicklung, die mit Verbrennungsmotoren kaum möglich gewesen wäre. „Wir haben bei ZF alle Funktionen im Haus, mit denen die Längs-, Quer- oder Vertikalbewegungen eines Fahrzeugs getrackt und gesteuert werden. Somit können wir Daten aus allen Funktionsbereichen sammeln, miteinander verknüpfen und daraus neue Produkte entwickeln“, beschreibt Miriam Beck ein Alleinstellungsmerkmal von ZF.Von diesem entscheidenden Merkmal profitiert auch cubiX. Und bietet einen weiteren Vorteil: Die Plattform ist kompatibel mit Aktuatoren verschiedener Hersteller. Das gibt den Kunden wie etwa Automobilherstellern (OEM) die Flexibilität, verschiedene Modellreihen ohne zusätzlichen Integrationsaufwand mit ein und derselben Steuerplattform zu realisieren.
Fließende Bewegungen - dank cubiX
cubiX von ZF sorgt für die Orchestrierung aller für die Fahrdynamik verantwortlichen Systeme: harmonisches Beschleunigen und Bremsen, präzises Lenken, sowie ausgewogenes Federn und Dämpfen. Denn nur fließende Bewegungen geben den Insassen das Gefühl von Komfort und Sicherheit.
Die positive Ausrichtung auf eine sauberere und sicherere Mobilität der Zukunft ist ein Ansatz, mit dem Miriam Beck sich identifizieren kann. „Ich habe mein Studium mitten in der Finanzkrise 2007/2008 abgeschlossen, als praktisch alle Unternehmen einen Einstellungsstopp hatten. Aber selbst in dieser Situation hat ZF seinen Kurs, in die Zukunft zu investieren und Menschen, die mit ihren Qualifikationen einen Beitrag dazu leisten können einzustellen, unbeirrt fortgesetzt. Dieser Wille, die Zukunft positiv zu gestalten, hat mir schon damals imponiert.“Heute fasziniert sie an ihrer aktuellen Aufgabe vor allem eines: „Mit der Serienpremiere unserer Software cubiX zeigen wir eindrucksvoll unsere Systemkompetenz für die Fahrzeugdynamik Software-definierter Fahrzeuge.
Künftige Updates oder Upgrades von cubiX können Over-the-Air erfolgen – also drahtlos ohne Besuch in der Werkstatt. So bleibt die Software während des gesamten Fahrzeuglebens aktuell, kann also nach der Auslieferung des Fahrzeugs immer wieder um zusätzliche Funktionen ergänzt werden.“