E-SUV der Extraklasse
Seit Jahrzehnten ist der Name Lotus ein Synonym für Sportwagen. Nun rollt mit dem „Eletre“ der erste und vollelektrische SUV von Lotus über die Straßen der Welt. Mit dabei: modernste Antriebstechnik von ZF.
Kennen Sie Hethel in Großbritannien? Wohl kaum. Sollten Sie aber. Zumindest als Autoliebhaber. Obwohl das verstreut liegende Dörfchen elf Kilometer südwestlich von Norwich nur einige hundert Einwohner hat, finden sich hier seit dem Jahr 1966 das Werk von Lotus Cars plc und der Hauptsitz der weltberühmten Sportwagenmarke Lotus. Im Osten an ein Wäldchen angrenzend und ansonsten umgeben von Feldern, entstehen hier im Grünen noch heute Sportwagen wie der Lotus „Emira“. Nach einer wechselvollen Geschichte gehört Lotus seit dem Jahr 2017 zum Geely-Konzern und produziert inzwischen nicht nur in Großbritannien. Erstaunt registrierte die Fachwelt im Frühjahr 2022, dass der Sportwagenbauer plant, ein vollelektrisches SUV anzubieten. Sein Name: „Eletre“. Er entsteht im Lotus Global EV Production Centre im chinesischen Wuhan.
Vorgestellt auf der Auto Shanghai im Frühjahr 2023, ist der Lotus “Eletre“ seit September nun auch in Europa erhältlich. An Bord des britischen Chinesen ist neueste Technik von ZF – für den Antrieb ebenso wie fürs Fahrwerk. So steuert die ZF-Software „cubiX“ alle Fahrwerkfunktionen, darunter Bremse, Vorder- und Hinterachslenkung, die semiaktive Dämpfung, die aktive Wankstabilisierung, aber auch den Elektroantrieb.
CubiX dirigiert die Fahrzeugdynamik
Denn für ein angenehmes Fahrerlebnis ist entscheidend, dass Längs-, Quer- und Vertikaldynamik harmonisch aufeinander abgestimmt sind. Neben einem optimierten Fahrverhalten im Hinblick auf Komfort, Dynamik und Effizienz, bildet die Software die Grundlage für umfassende Fahrerassistenzsysteme. Als erstes reines Softwareprodukt von ZF, bietet cubiX den entscheidenden Vorteil: Die Plattform ist kompatibel mit Aktuatoren wie Dämpfer, Bremse oder Hinterachslenkung – unabhängig vom Hersteller oder von der konkreten Auslegung. Das macht flexibel.
Künftige Updates oder Upgrades der Software erfolgen „Over the Air“– also drahtlos ohne Besuch der Werkstatt. So bleibt die Software während des gesamten Fahrzeuglebens aktuell, lässt sich also nach der Auslieferung des Fahrzeugs immer wieder um zusätzliche Funktionen ergänzen. Damit ist cubiX ein Beispiel für die Entwicklung hin zum Software-definierten Fahrzeug: weg von den vielen Einzelsteuerungen der Hardware-Komponenten, hin zu übergreifenden Domänen- und Zonenarchitekturen.
Edler E-SUV mit Sportwagen-Genen
Wie es sich für ein elektrisches Oberklassefahrzeug gehört, basiert der Eletre auf einer 800-Volt-Architektur mit Siliziumkarbid-Technologie. Das bringt Vorteile beim Laden mit sich und bei der Reichweite. Für den Vortrieb in diesem SUV liefert ZF den hochintegrierten elektrischen Achsantrieb. Er besteht aus einem permanent erregten Synchronmotor (PSM) im Hairpin-Design, aus Software, dem Reduziergetriebe sowie aus der Leistungselektronik mit Siliziumkarbid-Halbleitern. „Die E-Motorenproduktion für den „Eletre“ und die Endmontage erfolgen kundennah im ZF-Werk Hangzhou; dies ist der erste Serienanlauf eines Antriebs seiner Art in der Region Asien-Pazifik“, erklärt Sebastian Schmitt, Leiter der Produktline Electrified Powertrain Systems bei ZF.
Übrigens, den Lotus-SUV gibt es in drei Ausführungen: als „Eletre“, „Eletre S“ und „Eletre R“. Allen gemeinsam ist der Allradantrieb, sie unterscheiden sich lediglich in der Ausstattung und bei der Stärke der Motorisierung. So leisten die beiden E-Motoren von ZF mit Eingang-Getriebe für den „Eletre“ und den „Eletre S“ zusammen 450 kW (603 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 710 Nm. Damit spurtet der SUV von null auf 100 km/h in 4,5 Sekunden. Höchste Präzision bei der Fertigung der Motoren sorgt für akustische Eigenschaften der Spitzenklasse. Einer der beiden Elektroantriebe im „Eletre R“ mit Zwei-Gang-Getriebe stammt von Geely.
Dieses Fahrzeug bringt insgesamt 675 kW (905 PS) bei 985 Nm auf die Straße. Dabei sinkt die Spurtzeit auf 2,95 Sekunden. Das ist ein Wert, wie ihn der mehr als doppelt so stark motorisierte Supersportwagen-Prototyp Lotus „Evija“ von 2019 erreicht. Angesichts der Sportwagen-Werte aller drei „Eletre“-Modelle erscheint die Fahrzeugklassifizierung „Sport Utility Vehicle (SUV)“ eher als typisch britisches Understatement.
800-Volt-Technik: Schneller laden, weiter fahren
Ausgestattet mit einem 112 kWh fassenden Lithium-Ionen-Akku, verspricht Lotus für das Basismodell „Eletre“ eine Reichweite von bis zu 600 km, für den „Eletre S“ von bis zu 535 km und für den „Eletre R“ von bis zu 450 km. Dank der 800-Volt-Systemarchitektur genügt ein Tankstopp von nur 20 Minuten, um den Akku von zehn Prozent auf 80 Prozent zu laden.
Übrigens, wenn Sie demnächst zufällig in die britische Grafschaft Norfolk reisen, warum nicht einen kleinen Abstecher nach Hethel machen? Lotus bietet Autofans von Montag bis Donnerstag eine geführte Tour durch das Werk an. Besucher können dort zwar nicht beim Bau des noblen SUV „Eletre“ zusehen, doch ist die Montage des Sportwagens Lotus „Emira“ keinen Deut weniger aufregend.