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Kerstin Manger - Specialist Sustainability Strategy Kerstin Manger - Specialist Sustainability Strategy

Grün ist nicht gleich grün

Interview mit Kerstin Manger, Specialist Sustainability Strategy bei ZF

Für ZF ist Energie so wichtig wie die Werkstoffe Stahl und Aluminium. Um die in der Konzernstrategie festgeschriebene CO2-Neutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen, muss der Energieeinsatz künftig viel stärker Nachhaltigkeitskriterien erfüllen als heute. Über die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen sprachen wir mit Kerstin Manger, Specialist Sustainability Strategy bei ZF.

In Zeiten der dringend notwendigen CO2-Reduktion spricht die ganze Welt, und auch wir, über den Einsatz von „green power“, also von „grüner Energie“. Was ist das genau?
Leider gibt es keine allgemeingültige Definition dieses Begriffes. Wir bei ZF verwenden „grüne Energie“ (green power) als Oberbegriff für „grünen Strom“ (green electricity), für „grünes Gas“ (green gas) und für „grünen Wasserstoff“ (green hydrogen). Um als „grün“ zu gelten, müssen Strom, Gas und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen stammen. Dazu zählen wir Wind- und Sonnenenergie, Wasserkraft, Geothermie, Energie aus bestimmen Arten von Biomasse sowie aus Gezeitenkraftwerken. Für „grünen Strom“ haben wir bereits unsere Kriterien fixiert. Diese Definition gilt weltweit an allen unseren Standorten und ist natürlich für unsere Energieeinkäufer verbindlich.
Kerstin Manger ist Specialist Sustainability Strategy bei ZF.

Wie also definiert sich Grünstrom für ZF?
Wir sprechen von Grünstrom, wenn dieser aus einer der gerade genannten Quellen stammt. Er kommt entweder aus unseren eigenen Anlagen oder er stammt von einem Anbieter, der einen seriösen, von uns anerkannten Herkunftsnachweis mitliefert. Für ZF ist Strom aus Atomkraft ebenso wenig Grünstrom wie Strom aus Kraftwerken, die Erdgas oder Müll verbrennen. Wir verpflichten uns, bis zum Jahr 2030 ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen einzusetzen.

Grüne Energie beinhaltet auch den Energieträger Biogas, das sich sowohl zum Heizen als auch zum Erzeugen von Prozesswärme nutzen ließe. Wie ist dort der Stand?
Hierzu eine wichtige Anmerkung vorab: Klassisches, fossiles Erdgas ist kein „green gas“ ist und kann es auch niemals sein. Erdgas wird manchmal auch als „klimaneutrales Gas“ bezeichnet, doch ist das irreführend. Erdgas wird auf dem Papier in der Bilanz „klimaneutral“, indem dessen Nutzer zusätzliche Kompensationszertifikate kaufen. Diese Zertifikate als Ausgleich für nicht erreichte CO2-Einsparziele gibt es beispielsweise für CO2-senkende Maßnahmen wie Aufforstungsprojekte. Dieses „Freikaufen“ lehnen wir ab.
"Wir verpflichten uns, bis zum Jahr 2030 ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen einzusetzen."

Ist Gas aus erneuerbaren Quellen immer „grün“?
Nicht unbedingt. Um als nachhaltig produziert zu gelten, muss das Gas beispielsweise mit überschüssigem Wind- oder Solarstrom hergestellt werden. Auch darf es nur aus Pflanzenresten oder aus tierischem Ausgangsmaterial gewonnen werden, für das es keine weitere Verwendung gibt. Keinesfalls darf der Einsatz von Energiepflanzen mit dem Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln konkurrieren.

Welche Bedeutung hat der Strom, den viele ZF-Standorte selbst erzeugen, etwa in Photovoltaik-Anlagen?
Eine Energie-Autarkie ist damit nicht möglich, dazu ist diese Menge zu gering. Derzeit decken wir etwa am deutschen Standort Schweinfurt knapp zwei Prozent des Strombedarfs durch selbst erzeugte Solarenergie. Wir schätzen, dass wir beim gegenwärtigen Stand der Technik etwa sieben bis maximal zehn Prozent selbst produzieren könnten.

Gibt es Pläne, die Energie-Selbstversorgung auszubauen?
Ja, dort wo es sich das wirtschaftlich umsetzen lässt, tun wir das. Dennoch: Den größten Anteil an grünem Strom werden wir auch künftig beziehen. Dazu bauen wir auch langfristige Liefervereinbarungen weiter aus, wie wir sie im Frühjahr 2022 mit den Lieferanten Statkraft und Enovos Energie Deutschland oder im Juli 2022 mit RWE Supply & Trading GmbH (offshore Wind Nordsee) eingegangen sind.

Bereits bis zum Jahr 2030 will ZF 80 Prozent weniger CO2 emittieren als im Jahr 2019. Zehn Jahre später soll das Unternehmen klimaneutral sein. Ist diese Herkulesaufgabe wirklich zu schaffen?
Wir sind davon überzeugt, dass wir das 80-Prozent-Ziel durch den Einsatz von grüner Energie, durch Optimierungsmaßnahmen und Sparmaßnahmen erreichen werden. Schwieriger wird es mit den letzten 20 Prozent, das ist uns bewusst. Dort, wo es uns nicht gelingt, weiteren Treibhausgasausstoß zu vermeiden, werden wir einen anderen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Allerdings muss sichergestellt sein, dass diese Maßnahmen zusätzlich und dauerhaft sind. Nur dann sind sie nachhaltig und nur dann wird es gelingen, die Erderwärmung zu begrenzen.
Bereits bis zum Jahr 2030 will ZF
80 %
weniger CO2 emittieren als im Jahr 2019.

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