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Smart Logistics: Wie von Geisterhand bewegt

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Bald schon werden sehr viele autonome Fahrzeuge unterwegs sein, ohne, dass wir sie alle sehen: Es sind Trucks, die fahrerlos auf Betriebshöfen agieren. Diese Smart Logistics steigert die Effizienz im Warenverkehr. Sie funktioniert dank ZF-Technik.
Andreas Neemann,
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Andreas Neemann hat seinen ersten ZF-Magazintext im Jahr 2001 zum 6HP-Automatgetriebe geschrieben. Seither begleitet der Automotive-Autor mit Faible für komplexe Themen den Konzern in vielen Publikationen für interne wie externe Leser.
Kein Zweifel, unsere globalisierte Wirtschaft sorgt für weiterhin steigende Frachtmengen. Deshalb muss die Logistik leistungsfähiger werden. Davon ist in der Praxis bislang noch nicht viel zu spüren. Nachdem die Lastwagen am Wareneingang eingetroffen sind, geben die Fahrer die Frachtpapiere ab. Dann stellen sie ihr Fahrzeug ab und müssen abwarten. Pausenzeit? Fehlanzeige. Jederzeit kann es heißen: Aufsitzen, Fahrzeug an die Rampe rangieren und den Trailer zum Entladen abkoppeln. Jetzt sind Rangier-Feingefühl und höchste Konzentration gefragt. Beides bringen die Fahrer gerade nach langen Fahrten oft nicht mehr auf. Im Jahr 2017 kam es allein in Deutschland zu 16.500 meldepflichtigen Arbeitsunfällen mit Nutzfahrzeugen abseits des Straßenverkehrs, 28 davon endeten tödlich.

Smart Logistics auf dem Betriebshof

Smart Logistics auf dem Betriebshof

Der Ansatz von ZF ist, die Abläufe auf dem Betriebshof durch autonomes Fahren einfacher, zuverlässiger sowie sicherer zu gestalten – und damit auch wirtschaftlicher. Im Mittelpunkt des „Smart Logistics“-Konzepts von ZF stehen mit dem ZF Innovation Truck und dem Rangierfahrzeug Terminal Yard Tractor zwei Fahrzeuge, die viele Manöver ohne Fahrer absolvieren. So findet der Innovation Truck ganz von selbst zu seiner Zielposition auf dem Betriebshof, setzt seine Wechselbrücke ab und nimmt eine andere auf. Gerade das präzise Rückwärtseinfädeln unter eine Wechselbrücke verlangt selbst von erfahrenen Truckern viel Übung und Konzentration. Hier kommt es häufiger zu Sachschäden. Der ZF Innovation Truck erledigt das immer gleich schnell und absolut präzise bei höchstmöglicher Sicherheit, während der Fahrer pausiert.
16500
meldepflichtige Arbeitsunfälle
mit Nutzfahrzeugen abseits des Straßenverkehrs gab es allein in Deutschland im Jahr 2017.

Möglich wird die gerade geschilderte Situation auf dem Betriebshof durch ein ganzes Technik-Paket von ZF:
  • Kameras und lasergestützte Sensoren kontrollieren das Umfeld.
  • Der Zentralcomputer ZF ProAI verarbeitet die Informationen in Echtzeit und errechnet den Fahrweg.
  • Diese Befehle setzen intelligente mechatronische ZF-Systeme in Antrieb und Lenkung um: das elektrifizierte automatische Nutzfahrzeuggetriebe TraXon Hybrid arbeitet sogar lokal emissionsfrei, die elektrohydraulische Lenkung ReAX kann Lenkbefehle direkt von der Steuerung umsetzen, ganz ohne Zutun des Fahrers.

„Unser Konzept bezieht auch die Logistik-Infrastruktur des Spediteurs ein. Wir haben also einen großen Teil der Logistikkette im Blick“, sagt Mark Mohr, bei ZF verantwortlich für die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen für Nutzfahrzeuge. Das beginnt schon bei der Ladung. An Bord des Lastwagens lassen sich die Frachtbehältnisse mit Smart Tags versehen. Sie informieren digital über den Bestand und darüber, ob während der Fahrt das Transportgut beispielsweise durch starke Erschütterungen oder durch Unterbrechung der Kühlkette beschädigt wurde. Der Datenfunk der Smart Tags direkt ins Warenwirtschaftssystem könnte sogar die heute üblichen Frachtpapiere überflüssig machen.
Ebenfalls autonom rangiert ein weiteres Innovationsfahrzeug von ZF, der Terminal Yard Tractor. Er nimmt Lkw-Auflieger auf und bewegt sie zuverlässig von Ort zu Ort. Das Ganze macht er täglich ohne Ermüdungserscheinungen – wenn es sein muss, bis zu 24 Stunden lang. Besonders für große Containerterminals und Logistikzentren dürfte sich eine solche Smart Logistics-Lösung schnell amortisieren.
Unser Konzept bezieht auch die Logistik-Infrastruktur des Spediteurs ein. Wir haben also einen großen Teil der Logistikkette im Blick.
Mark Mohr, bei ZF verantwortlich für die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen im Bereich Nutzfahrzeuge.

Effizienz im Konvoi

Effizienz im Konvoi

Doch auch außerhalb von Betriebshöfen dürfte autonomes Fahren in Zukunft häufiger anzutreffen sein. Schließlich bringt es auch auf der Straße erhebliche Kosten- und Sicherheitsvorteile. Beim sogenannten Platooning fahren mehrere Trucks in sehr geringem Abstand hintereinander her. Jeder Lkw bewegt sich jeweils im Windschatten des Vorausfahrenden. Die Abstände betragen nur bis zu acht Meter. Das spart im Vergleich zur isolierten Fahrt bis zu 15 Prozent Kraftstoff. Damit dies nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit geht, sind die Fahrzeuge miteinander vernetzt.

Alle, bis auf den ersten Truck, fahren automatisiert. Das ganze Platoon bremst, sobald der Fahrer des Führungs-Lkw auf die Bremse steigt. Die Fahrer der hinteren Fahrzeuge brauchen nicht permanent auf die Straße zu blicken. Sie müssen lediglich übernehmen können, wenn die Systeme abgeschaltet werden. Auch fürs Platooning liefert ZF die technische Basis. Sensoren und Steuerungselektronik befähigen den Truck zum automatisierten Fahren. Aktuell ist ZF gemeinsam mit Lkw-Herstellern an unterschiedlichen Projekten zum Platooning beteiligt.