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ZF EVmore ZF EVmore

Effizienz-Turbo für die Elektromobilität

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Mit seinem Antriebskonzept „EVmore“ zeigt ZF, wie sich durch neue Ideen für optimierte Komponenten des elektrischen Antriebsstranges das Gesamtsystem deutlich effizienter und nachhaltiger gestalten lässt.
Frank Thoma,
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Frank Thoma arbeitet seit dem Jahr 2011 als Corporate Editor bei ZF. Der Diplom-Journalist plant, produziert und redigiert Beiträge für alle internen und externen Medien des Konzerns.
Ein bisschen erinnerte die Situation bei ZF an die Einstiegsszene der Actionfilm-Reihe „Mission: Impossible“. Üblicherweise erhält dort Hollywood-Star Tom Cruise, alias Ethan Hunt, auf mehr oder minder ungewöhnlichem Weg die Details für einen kniffligen Auftrag. „Suchen Sie das Fahrzeug mit dem derzeit effizientesten elektrischen Antriebsstrang und verbessern Sie ihn deutlich“, so die kurzgefasste Anweisung von Dr. Otmar Scharrer für ein Ingenieur-Team. Scharrer ist E-Mobility-Entwicklungschef bei ZF. Keine leichte Aufgabe, sind doch elektrische Antriebe im Vergleich zum Verbrenner von Haus aus ohnehin schon um etwa das Dreifache effizienter.

Gerade präsentiert: „ZF EVmore“

Gerade präsentiert: „ZF EVmore“

Rückmeldung des Teams: Mission accomplished, Auftrag erfüllt. Sichtbar wird dieser Erfolg in Form des „ZF EVmore“, ein rein elektrisches Antriebskonzept, das auf maximale Effizienz getrimmt ist. Keine Übertreibung. Schließlich ist ein Wirkungsgrad von 96,3 Prozent von der Batterie bis zu den Rädern ein neuer Benchmark-Wert für seriennahe Technik. Natürlich spiegeln die 96,3 Prozent den Bestpunkt wider, nicht den Durchschnittswert. Möglich wurde dies durch unterschiedlichste Maßnahmen an Motor, Getriebe und Elektronik. „Beim EVmore haben wir die Antriebsverluste im Vergleich zu dem von uns gewählten Serienfahrzeug um 30 Prozent gesenkt“, berichtet Dr. Stephan Demmerer aus der Vorentwicklung der für Elektromobilität zuständigen Division Electrified Powertrain Technology bei ZF.
Hier einige Details, wie es gelungen ist, den Antriebsstrang so zu gestalten, dass am Ende ein seriennahes „Ultimate Efficiency Car“ das Ergebnis ist

Der EVmore setzt gleich auf zwei E-Antriebe: einer an der Vorderachse und einer an der Hinterachse. Zusammen haben die E-Antriebe eine Systemleistung von etwa 350 kW. Im Zusammenspiel entsteht der (abkoppelbare) Vierradantrieb „eConnect“ von ZF. Im Alltag, beim üblichen Mitschwimmen im Verkehr, sorgt ein auf maximale Effizienz getrimmter permanent erregter Synchronmotor (PSM) vorn aus dem ZF-Portfolio für den Vortrieb. Dazu haben die Ingenieure beispielsweise bei Rotor und Stator dünnere Bleche verwendet. Neueste Technik auch für den Hinterachsantrieb mit einem Asynchronmotor (ASM). Wann immer kurzfristig mehr Leistung gefragt ist – bei der Anfahrt am Berg oder beim Überholen – schaltet sich der Hinterradantrieb innerhalb von Millisekunden automatisch zu und danach wieder ab.
Herzstück des Antriebsstrangs: der effizienz-optimierte 800-Volt-Motor an der Vorderachse, der fast völlig ohne schwere Seltene Erden auskommt.

Die Umwelt im Blick: fast keine Seltenen Erden

Die Umwelt im Blick: fast keine Seltenen Erden

Im Fokus bei der Antriebsgestaltung standen jedoch nicht nur Leistung und Effizienz, sondern auch die Nachhaltigkeit. Üblicherweise verwendet ein permanenterregter Synchronmotor (PSM), wie ihn der EVmore an der Vorderachse einsetzt, Permanentmagnete mit schweren Seltenen Erden. Diese machen die Magnete temperaturstabil. „Dank verbesserter Kühlung unseres Motors können wir auf den Einsatz von schweren Seltenen Erden fast vollständig verzichten. Deren Abbau ist nicht umweltfreundlich und erfolgt nur an wenigen Orten auf der Welt, was eine gewisse Abhängigkeit schafft“, erklärt Dr. Demmerer. Dazu kommt, dass der Motor via Software gedrosselt wird, die Maschine also gar nicht am Leistungslimit arbeitet. Auch das bringt Vorteile bei der Temperaturentwicklung des E-Motors.

Leichter durch clevere Material- und Funktionsreduktion

Leichter durch clevere Material- und Funktionsreduktion

Für eine höhere Effizienz durch weniger Gewicht und reduzierte Reibung sorgt auch das Getriebe an der Vorderachse. Wo im üblichen Zweistufengetriebe nach der Antriebswelle eine Zwischenwelle hilft, die Motordrehzahl abzusenken, ist die Zwischenwelle im neuen Einstufengetriebe von ZF überflüssig. Dieser Getriebetyp ist bislang erst in der Formel E im Einsatz. Weniger bewegliche Teile bedeuten weniger Zahneingriffe, weniger Reibung in Lagern sowie weniger Gewicht. Im Durchschnitt lassen sich am Getriebe entstehende Verluste um rund ein Drittel vermeiden. „Bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h lassen sich die Verluste sogar um 50 Prozent senken. Dazu haben wir auch die Anzahl der sich drehenden Teile von neun auf sechs reduziert“, sagt Dr. Christian Guerlich aus dem Entwicklerteam.
Vorbild Renngetriebe: Weniger Gewicht und der Entfall der Zwischenwelle verschaffen dem Einstufengetriebe des EVmore ein Effizienz-Plus.

Für den perfekten Antriebsstrang mindestens ebenso wichtig wie E-Motor und Getriebe ist die Software für deren Steuerung. Für den EVmore entwickelten die Ingenieure daher eine spezielle Antriebssoftware. Automatisch steuert sie die Motoren an der Vorder- und Hinterachse an, je nach Fahrsituation: entweder für maximale Effizienz oder für maximale Leistung. Der ganzheitliche Optimierungsansatz bei E-Motor, Getriebe und Inverter mit Software beschert dem EVmore ein Reichweitenplus von rund fünf Prozent im Vergleich zum Ausgangsfahrzeug. Übrigens, die Entscheidung für die 800-Volt-Technik im EVmore bringt auch Vorteile beim Aufladen des Akkupacks mit bis zu 350 kW mit sich, denn das Fahrzeug ist damit schnellladefähig. Auf diese Weise sind die Wartezeiten an der Stromtankstelle deutlich kürzer. Der Ladevorgang von 20 Prozent auf 80 Prozent der Akkukapazität beansprucht weniger als eine halbe Stunde. Auch dies ist ein Beleg dafür, wie viel „mehr“ der EVmore im Vergleich zur aktuellen Serientechnik in Elektrofahrzeugen bietet.
„Beim EVmore haben wir die Antriebsverluste im Vergleich zu dem von uns gewählten Serienfahrzeug um 30 Prozent gesenkt.“
Dr. Stephan Demmerer, ZF-Division Electrified Powertrain Technology

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