Industrie Digital: Datenpower an Gleis und Windrad
Cloud-Connectivity, Big Data und Softwareentwicklung sind die Zukunft für viele Branchen. Die Division Industrietechnik von ZF unterstützt unter anderem die Bahnindustrie, den Marine-Sektor und die Windenergie sowie weitere Industrieanwendungen mit digitaler Zustandsüberwachung, vorausschauender Wartungsplanung und Infrastruktur-Monitoring.
Was verbindet Schiffe und Seilbahnen, Windkraftanlagen und Regionalzüge, Schredder und andere Industrie-Großgeräte? All diese unterschiedlichen Anwendungen profitieren von der Digitalisierungskompetenz der ZF-Division Industrietechnik. Und weil ZF dabei auf seinen Erfahrungsschatz aus der Automotive-Branche zugreift, kann der Konzern seine Digitalisierungsfähigkeiten auch für Industrieanwendungen voll ausspielen. In diesem Teil der Artikelreihe „Industrie digital“ beleuchten wir daher, welche Vorteile dieses Know-how für Schiffe, Windenergieanlagen, Züge und andere anspruchsvolle Maschinen bringt.
connect@rail: Digitalisierung nach Fahrplan
Das Ziel ist ambitioniert: Um die Mobilitätswende zu meistern, soll die Bahn in Deutschland Verkehrsmittel Nummer eins werden. Die Bundesregierung will dafür knapp 100 Milliarden Euro in das Schienennetz und den Regionalverkehr investieren. „Aber damit der Umstieg großflächig klappt, müssen Züge zuverlässig fahren“, erklärt Alan Dittrich, Leiter Digital Solutions, Bahn-Antriebssysteme bei ZF. Das bedeutet, Ausfälle und Verspätungen so weit wie möglich zu vermeiden und zu reduzieren, selbst bei Auslastungsspitzen und hohen Taktraten. Das wiederum setzt voraus, möglichst viele potenzielle Störquellen an Fahrzeug und Strecke frühzeitig zu erkennen und zu beheben. „Hier haben wir mit unserer digitalen Plattform connect@rail eine schlüsselfertige Lösung für Bahnbetreiber und Verkehrsverbünde.“
Kernkomponente von connect@rail sind Bluetooth-Sensoren, die am Drehgestell des Zuges angebracht werden. Dort messen sie Beschleunigungsdaten, die später via sicheren On-board-Gateways in die Cloud übertragen werden. Sobald ausgewertet, werden diese Informationen über ein kundenspezifisches Dashboard an die jeweiligen Betreiber ausgespielt. Der Clou an der Datensammlung ist, dass sich anhand von minimalen Abweichungen in der Beschleunigung Schäden erkennen lassen – und zwar nicht nur am Fahrwerk, sondern auch an der Infrastruktur selbst. Dazu baut ZF ein umfassendes Ökosystem aus Technologie und starken Partnerschaften auf. Derzeit laufen mit der DB Systemtechnik sowie Verkehrsverbünden in Deutschland und Österreichgemeinsame Projekte, um Gleisdefekte aufzuspüren. „Unsere Digitalisierungsfähigkeiten erlauben uns, das System Schiene ganzheitlich zu analysieren“, fasst Dittrich zusammen. Denn wenn Wartungen und Reparaturen effizient geplant werden können, verhindert bzw. verkürzt dies Ausfallzeiten. „Damit helfen wir unseren Partnern und Kunden, einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten – und damit die Zukunft der Bahn als Teil der Verkehrswende zu gestalten.“
Vernetzte Windenergie: Digitaler Aufwind für Rotoren
Was die Bahn für den Verkehr, ist Windenergie für das Stromnetz. Sie spielt eine Schlüsselrolle in der Energiewende. Dazu müssen die Turbinen zuverlässig agieren. Aber Windkraftanlagen zu warten ist keine einfache Aufgabe. „Betreiber wollen ihre Wartungs- und Instandsetzung-Planung so effizient wie möglich gestalten“, sagt Sivakumar Jayapal, Head of Service bei ZF Wind Power. „Auch hier gilt: Vorbeugen schlägt Reparieren. Und bei ZF haben wir die Fähigkeiten, diese Herangehensweise zu unterstützen.“
Weltweit arbeitet rund ein Viertel aller Windkraftanlagen, die ein Getriebe einsetzen, mit einem ZF-Produkt. „Durch unsere Marktposition fühlen wir uns verantwortlich, diese nachhaltige Energiequelle mit präventivem Service zu begleiten und zuverlässiger zu machen“, so Jayapals weiter. Durch Thrive wird ZF dieser Verantwortung gerecht. Das Service-Konzept Thrive verbindet Daten aus der Getriebe-Produktion, Echtzeit-Analysen der Turbinen mit ZF-Getrieben sowie Berechnungsmodelle zur Zuverlässigkeit, um den Wartungsbedarf der Anlagen antizipieren zu können. Das Angebot besteht aus Spare Parts Optimization und Fast Return to Operations. Ersteres liefert eine genaue Analyse der bisherigen und verbleibenden Lebensdauer des Getriebes. Das Ergebnis ist eine präzise Empfehlung für Ersatzteile zur richtigen Zeit. Flexibel einstellbare Prognosezeiträume optimieren Lagerbestände und machen Komponenten besser verfügbar. Das bewirkt eine Kostenoptimierung für den Betriebsführer und Anlagenbetreiber. Beim Fast Return to Operations geht die digitale Zustandsüberwachung nahtlos in Problemlösung über. Melden die Sensoren am Rotor-Getriebe Alarm, wird sofort die richtige Lösung vom ZF Thrive Team präsentiert und es werden kurzfristig die nächsten erforderlichen Schritte zur Lösung des Problems eingeleitet.
Das spart wertvolle Zeit, garantiert die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Personal und minimiert Ausfallzeiten, was wiederum die Wartungskosten reduziert und den Windenergieanlagenertrag steigert. „Wir haben die gesamte Wertschöpfungskette in der Windenergie untersucht“, erklärt Jayapal. „Damit gelingt es uns, über den kompletten Lifecycle der Anlage hinweg zuverlässig hohen Energieoutput zu gewährleisten.“
ZF ProVID: Digitalisiertes Leistungsmanagement für Schiffe, Seilbahnen und anspruchsvolle Maschinen
Von der Schiene zur Turbine, vom Schiff zur Seilbahn hin zur Recyclinganlage: So unterschiedlich diese Maschinen auch sein mögen, sie alle besitzen Lager, Zahnräder und Ölreservoirs. Das macht sie zum idealen Anwendungsfall für das innovative Condition-Monitoring-System ZF ProVID. „Unsere Lösung deckt dabei den gesamten Antriebsstrang ab“, erläutert Christian Schade, Produkt- und Projektmanager ZF ProVID. Und weiter: „Es mag für manche Menschen überraschend klingen: Auch stationäre Maschinen wie Schredder oder Rollenmühlen besitzen einen Antriebsstrang.“ Bei ZF ProVID verknüpft ZF langjährige Anwendungserfahrung bei Schwingungsmessung und -analyse, Hardware-Kompetenz in variabler Sensorik und Cloud-Expertise. So kann der Konzern kundenspezifische Algorithmen entwickeln, mit denen der aktuelle Betriebszustand der Maschine präzise und qualifiziert ausgewertet wird. Verarbeitet werden unter anderem Öleigenschaften sowie die schwingungstechnischen Daten aus Verzahnungen und Lager der Getriebe und weiterer Elemente des Antriebsstranges, z.B. Motoren und Seilscheiben bei Seilbahnanlagen. „Wir generieren nicht allein Statusberichte in Echtzeit“, sagt Schade. „Darüber hinaus können wir auch Aussagen über die voraussichtliche Rest-Lebensdauer treffen sowie Handlungsempfehlungen geben – etwa zu optimalen Wartungsintervallen.“ Schade liefert auch direkt ein wintersportliches Anschauungsbeispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Skigebiet und ihr Lift macht in der Hauptsaison schlapp. Mit ZF ProVID erhalten Sie rechtzeitig eine Warnung, bevor das passiert. Dann können Sie Reparaturen vornehmen, wenn niemand auf die Piste will – beispielsweise über Nacht, oder außerhalb der Stoßzeiten.“
Aber nicht nur Alpin-Touristen profitieren von ZF ProVID, sondern auch Reeder oder Industriekunden. „Vom Ruderpropeller bis zur Rollmühlen-Großanlage können wir so alles überwachen, was unsere Kunden überwacht haben wollen“, so Schade. „Der Vorteil liegt auf der Hand: Bessere Verfügbarkeit, weniger Potenzial für Folgeschäden, gesunkene Betriebskosten.“ Und das Potenzial ist längst noch nicht ausgeschöpft. ZF ProVID wird konstant weiterentwickelt: Für mehr Zuverlässigkeit und Nutzerfreundlichkeit auf dem Wasser, im Gebirge oder in der Produktionshalle.
Digitalisierte Industrie: Mehrwert für die Gesellschaft
Weniger Verspätung bei der Bahn, mehr nachhaltige Energie im Stromnetz, höhere Sicherheit in der industriellen Fertigung: Wie sich zeigt, profitieren Kunden und Endnutzer in vielen Sektoren von der Digitalisierungs-Expertise der Division Industrietechnik bei ZF. Und es gibt noch weitere Felder, in denen die Vernetzung echten Mehrwert für die Gesellschaft bietet. Darauf gehen wir in Teil 2 unserer Artikelreihe ein.