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Nachhaltiger Umgang mit dem kostbaren Nass

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Ohne Wasser geht in der Produktion vielfach nichts. Wasser sparen ist daher ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsstrategie von ZF. Moderne Fertigungsprozesse und Wiederaufbereitung sind wichtige Ansatzpunkte.
Kathrin Wildemann, 13. März 2018
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Kathrin Wildemann gehört seit 2016 zum festen Autorenteam bei ZF. In On- ebenso wie in Offline-Beiträgen beschäftigt sie sich bevorzugt mit Elektromobilität und anderen Nachhaltigkeitsthemen.
Wasser, oder genauer gesagt seine Knappheit, ist eines der großen globalen gesellschaftlichen Themen: Ohne sauberes Wasser kein Leben. Die wachsende Weltbevölkerung erfordert es, sparsamer und effizienter mit der wertvollen Ressource umzugehen. Das gilt natürlich auch für die Industrie. Auch wenn deren Anteil am globalen Frischwasserverbrauch gemäß World Water Development Report 2016 der Vereinten Nationen mit rund vier Prozent derzeit noch eher gering ist, prognostizieren die Autoren des Berichts allein für die Fertigung bis zum Jahr 2050 einen Anstieg um das Vierfache.

ZF stellt sich dieser Herausforderung. In Ländern wie Indien, Brasilien oder Mexiko, in denen das Unternehmen jeweils mehrere Produktionsstandorte unterhält, ist Wasser schon heute ein rares Gut. Das führt oft zu Beschränkungen bei der Wasserentnahme, zu höheren Wasserpreisen und damit auch zu steigenden Produktionskosten. „Wasser nachhaltig zu verwenden ist für uns aber nicht nur ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft, sondern auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung sowie ein Bestandteil unserer Unternehmenswerte“, sagt Jürgen Holeksa, Personalvorstand bei ZF und verantwortlich für Nachhaltigkeit. „Daher suchen wir kontinuierlich nach Möglichkeiten, weniger Frischwasser zu verbrauchen und auch unseren Abwasseraufkommen zu reduzieren.“

Spülen, reinigen, kühlen

Spülen, reinigen, kühlen

Dass ein Unternehmen wie ZF große Mengen an Wasser benötigt, liegt auf der Hand. Neben Fertigungsanlagen, Kantinen und Sanitäranlagen für 137.000 Mitarbeiter weltweit brauchen auch die Grünanlagen in den Werken Wasser. Den Löwenanteil am Verbrauch hat jedoch die Produktion. Dort ist Wasser unter anderem ein wichtiger Bestandteil bei der galvanischen und chemischen Behandlung, um Metalloberflächen gegen Korrosion oder mechanische Abnutzung zu schützen. Es dient zum Waschen, Spülen und Reinigen von Bauteilen ebenso wie zum Kühlen vieler Verarbeitungsprozesse. Zusätzlich dient Wasser als Lösemittel und Emulsionsgrundlage, beispielsweise beim Ansetzen von Kühlschmiermitteln. Längst nutzt ZF sämtliche technische Verfahren, um bei den Produktionsprozessen Wasser einzusparen.

Wasserverbrauch senken: Eine Herausforderung, viele Lösungen

Wasserverbrauch senken: Eine Herausforderung, viele Lösungen

So setzt der Konzern seit Jahren beispielsweise auf die Kaskadenspülung bei Waschvorgängen, eine Art mehrstufiger Wasserfall mit deutlich reduziertem Frischwassereinsatz, oder auf die Wiederverwendung von aufbereitetem Prozesswasser. Dazu kommt die Aufbereitung von Kühlschmierstoffen mittels Ultrafiltration. Modernisierte Kühlwassersysteme steigern ebenfalls die Effizienz. Nicht zu vergessen das Remanufacturing , das ZF weltweit im großen Stil betreibt. Remanufacturing ist das Wiederaufarbeiten von Produkten im industriellen Maßstab. Die Vereinigung der europäischen Automobilhersteller (ACEA) schätzt, dass das Remanufacturing eines Bauteils bis zu 90 Prozent weniger Wasser verbraucht als dessen Neuanfertigung.
Mit solchen Maßnahmen hat der Konzern seinen Wasserverbrauch im Jahr 2016 um 497.000 Kubikmeter gegenüber dem Vorjahr gesenkt. Damit ließe sich eine 60.000-Einwohner-Stadt wie Friedrichshafen zwei Monate lang versorgen. Doch derartige Einsparungen lassen sich nicht Jahr für Jahr realisieren – 2017 ist der Wasserverbrauch nach Jahren sinkender Wassermengen erstmals wieder gestiegen. Für ZF ist das ein Ansporn, die Gründe für den Anstieg genau zu analysieren und die Einsparbemühungen noch stärker zu forcieren.

ZF arbeitet ständig daran, mit ganz unterschiedlichen Ansätzen den Wasserverbrauch zu senken.

Guadalajara, 
Mexiko

Guadalajara, 
Mexiko

In der Abwasseraufbereitung im mexikanischen Guadalajara stellt eine abschließende Anreichung mit Ozon sicher, dass das Wasser allen lokalen Abwasserstandards entspricht. „In Mexiko ist Wasser eine wertvolle Ressource. Wir nutzen das wiederaufbereitete Wasser, um die Grünanlagen hier im Werk zu gießen“, sagt Francisco Rosas, im Werk verantwortlich für Instandhaltung, Umwelt, Gesundheit und Sicherheit. Damit senkte der Standort Guadalajara nicht nur seinen Frischwasserbrauch, sondern sparte in nur neun Monaten umgerechnet 17.000 Euro. Doch die Bewässerung der Grünflächen ist nur der Anfang. Künftig soll das wiederaufbereitete Abwasser auch dazu dienen, die Chromatierungsanlagen in der Produktion zu spülen. Erste Tests laufen bereits.
Im ZF-Werk Guadalajara wird streng auf die Qualität des wiederaufbereiteten Abwassers geachtet.

Sorocaba, 
Brasilien

Sorocaba, 
Brasilien

Am Standort Sorocaba, etwa 100 Kilometer von São Paulo entfernt, ergänzt seit dem Jahr 2013 ein Umkehrosmose-Prozess die Abwasseraufbereitung. Bei diesem Verfahren lässt eine Membran nur Wassermoleküle durch und hält im Wasser gelöste Stoffe zurück. So bilden sich keine Ablagerungen, wenn das recycelte Wasser in der Produktion zum Abschrecken von erhitzten Metallbauteilen eingesetzt wird. Danach geht es zurück in die Abwasseraufbereitung, der Kreislauf beginnt von vorn. Auf diese Weise spart die Produktion in Sorocaba pro Jahr mehr als 17.000 Kubikmeter Wasser ein. „Früher mussten wir dafür Frischwasser einkaufen, jetzt speisen sich die Abschreckanlagen vollständig aus unserem wiederaufbereiteten Abwasser“, berichtet João Gambarra, im Werk Sorocaba zuständig für Umweltthemen.

Schweinfurt, Deutschland

Schweinfurt, Deutschland

Seit dem Jahr 2016 nutzt der Standort Schweinfurt eine neue Ionentauscheranlage. Sie verwandelt belastetes Grundwasser in Reinstwasser für Spülprozesse, das in Anlagen zur Oberflächenbehandlung eingesetzt wird. Die neue Anlage ersetzt vier alte Ionentauscher. Neben großen Mengen an Prozess-Chemikalien spart sie pro Jahr 11.000 Kubikmeter an Frischwasser ein sowie 65.000 Kilowattstunden Strom. Dazu Projektleiter Felix Röttinger: „Als Teil unseres Sanierungskonzepts sammeln wir das Grundwasser in einem Brunnen. Bisher mussten wir es teuer entsorgen lassen, doch nun haben wir einen Weg gefunden, es in der Produktion einzusetzen.“ Zusätzlich leistet die neue technische Lösung einen wichtigen Beitrag zur Bodensanierung.
Statt belastetes Grundwasser teuer zu entsorgen, reinigen wir es und verwenden es in der Produktion. So sparen wir nicht nur Frischwasser, sondern auch Strom.
Projektleiter Felix Röttinger

Wie die Automobilindustrie Wasser spart

Wie die Automobilindustrie Wasser spart

Nach den aktuellen Zahlen des deutschen Umweltbundesamts ist die Automobilindustrie in Deutschland beim Wasserverbrauch nur ein kleiner Fisch: 56 Prozent des Gesamtverbrauchs des verarbeitenden Gewerbes gingen im Jahr 2013 in die chemische Industrie. Dagegen nimmt sich der Anteil von Automobilproduktion und Maschinenbau mit 2,5 Prozent bescheiden aus. Doch stecken hinter diesen 2,5 Prozent immerhin rund 110 Millionen Kubikmeter Wasser. Dabei verbraucht der deutsche Fahrzeugbau etwa 40 Prozent weniger Wasser als im Jahr 2000 – dank dem Umstieg auf moderne Prozesse und dem Einsatz von wiederaufbereitetem Wasser. Diese Entwicklung gilt nicht nur für Deutschland. Nach Angaben der Vereinigung der europäischen Automobilhersteller (ACEA) haben Europas Autobauer in der Zeit zwischen 2007 und 2016 ihren Wasserverbrauch um knapp 31 Prozent reduziert.
Im Zeitraum zwischen 2000 bis 2013 senkten die deutschen Automobilhersteller ihren Wasserverbrauch um circa 40 Prozent.