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#MobilityLifeBalance

Mobilität: Immer und überall verfügbar?

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Tags: #MobilityLifeBalance, Effizienz, AutonomesFahren
Individuelle Mobilität ist ein teures Gut, zumindest, wenn sie über ein eigenes Fahrzeug definiert ist. Ein Mix aus unterschiedlichen Verkehrsmitteln soll Passagiere künftig ähnlich bequem ans Ziel bringen, jedoch zu deutlich niedrigeren Kosten.
Martin Westerhoff, 01. Juli 2019
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Martin Westerhoff studierte Technikjournalismus und schreibt seitdem über Fahrzeuge und Technologien. Er hat ein Faible für Motorsport und Rennwagen.
Ratternd kommt der Beleg aus dem Taxameter. 45 Euro muss die Kunststudentin für die knapp 25 Kilometer lange Strecke aus dem Amsterdamer Vorort Schiphol in die Innenstadt bezahlen. Das Bahnticket für die gleiche Strecke hätte sie nur 5,60 Euro gekostet. Den Zug hatte sie jedoch knapp verpasst auf ihrem Weg zum Rembrandthaus.

Größter Kostenblock: das eigene Fahrzeug

Größter Kostenblock: das eigene Fahrzeug

Das Beispiel aus der niederländischen Hauptstadt zeigt, dass sich die etablierten Verkehrsträger nicht nur hinsichtlich ihrer kurzfristigen Verfügbarkeit stark unterscheiden, sondern auch hinsichtlich der Kosten. Nach Angaben von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, geben private Haushalte in den Mitgliedsstaaten durchschnittlich 12,8 Prozent ihrer Gesamtaufwendungen für die eigene Mobilität aus. In Summe sind das über eine Billion Euro pro Jahr. Der Löwenanteil daran entfällt auf die Betriebs- und Unterhaltskosten des eigenen Fahrzeugs – gefolgt von deren Anschaffungskosten. Erst dann kommen Transportdienstleistungen wie öffentliche Verkehrsmittel oder Taxen.

Intermodale Mobilität gewinnt an Bedeutung

Intermodale Mobilität gewinnt an Bedeutung

Damit ist auch klar, wo anzusetzen ist, um Mobilität erschwinglicher zu machen. Pkw müssen den Spagat schaffen zwischen gesetzlichen Vorgaben bei Kohlendioxid- und Schadstoffemissionen sowie bei bezahlbarer Alltagstauglichkeit. Denn insbesondere im ländlichen Raum sind sie auch künftig unverzichtbar. Die aktuelle Entwicklung hin zum Zweit- oder Drittwagen wird jedoch voraussichtlich sinken. „In den Haushalten wird es anstatt mehrerer eigener Autos eher mehr Fahrräder und Kleinfahrzeuge geben. Das eigene Auto wird durch ein Auto-Abo ersetzt und öfter gewechselt; so wird die Umstellung auf elektrische Antriebe schneller gehen als gedacht“, sagt Tilman Bracher, Bereichsleiter Mobilität am Deutschen Institut für Urbanistik.
Seine Einordnung skizziert zwei wesentliche Trends: Zum einen entlastet die Mikromobilität – etwa durch E-Scooter – den städtischen Verkehr und ist finanziell attraktiv. Zum anderen wandelt sich Mobilität zunehmend zur Dienstleistung – unter der Prämisse, dennoch bequem, sicher und rasch ans Ziel zu kommen. Intermodale Mobilität, also das Nutzen verschiedener Verkehrsträger auf einer Strecke, verwischt die scharfe Trennlinie zwischen individueller Mobilität und öffentlichem Verkehr. Intelligent gemanagt und optimal aufeinander abgestimmt, soll dieser neue Mix der Fortbewegungsmittel die jeweiligen Vorteile vereinen: zum einen die Mobilität erschwinglich machen wie eine Bus- oder Bahnfahrt und dabei zum anderen ähnlich gut verfügbar sein wie ein eigener Pkw oder ein Taxi.
„Das eigene Auto wird durch ein Auto-Abo ersetzt und öfter gewechselt.“
Tilman Bracher, Bereichsleiter Mobilität am Deutschen Institut für Urbanistik

12,8 Prozent
ihrer Gesamtausgaben wenden Privathaushalte innerhalb der Europäischen Union durchschnittlich für ihre Mobilität auf.

Autonome Shuttles: Kosten sparen und Straßen entlasten

Autonome Shuttles: Kosten sparen und Straßen entlasten

„Mobility-as-a-Service“ (MaaS) und „Transport-as-a-Service“ (TaaS) beschreiben sämtliche Formen des Personen- und Warentransports, die im Mobilitätsmix als Dienstleitung erbracht werden. Nach Expertenansicht haben jene Angebote ein besonders großes Potenzial, die auf autonome Fahrzeuge setzen. Die Autoren einer Studie der Unternehmensberatung Berylls gehen davon aus, dass voll automatisiert fahrende Shuttle-Dienste künftig sich sogar günstiger anbieten lassen als derzeit Busfahrten. Kommunen könnten solche Shuttles voraussichtlich ohne Quersubventionierung betreiben – und damit nicht nur die Fahrgäste, sondern auch ihren Haushalt finanziell entlasten. Allein in Deutschland sind beispielsweise derzeit jährlich rund 5,8 Milliarden Euro als Zuschüsse für den öffentlichen Personennahverkehr notwendig. Und einen weiteren großen Vorteil sehen die Studienautoren: Robo-Taxis könnten den Verkehr in Metropolen deutlich entlasten. Am Beispiel von München rechnen die Berylls-Berater vor, dass 18.000 Robo-Taxis rund 200.000 private Pkw ersetzen.
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Autonomes Ride-Hailing: Via Smartphone-App geben Fahrgäste ihr Ziel an. Wenig später fährt ein Robo-Taxi vor.

Hohe Akzeptanz von Robo-Taxis erwartet

Hohe Akzeptanz von Robo-Taxis erwartet

Für den kommerziellen Erfolg dieser Angebote sind einfach zu bedienende Buchungs- und Bezahlmöglichkeiten via App erforderlich. Die im Hintergrund arbeitenden cloudbasierten Systeme sind hingegen deutlich komplexer: Sie müssen ständig mit allen Robo-Taxis einer Flotte verbunden sein. Das ist nötig, um anhand der aktuellen Positionen, Routen und Auslastungen die eingehenden Buchungsanfragen mit Fahrgastposition und gewünschtem Ziel in Echtzeit bearbeiten zu können. So lassen sich für die Flottenbetreiber die Gesamtfahrstrecken möglichst kurz und der Energieverbrauch möglichst gering halten. Der Fahrgast profitiert, indem ein Shuttle rasch verfügbar ist.
Die Akzeptanz bei Verbrauchern, derartige Angebote künftig zu nutzen, bestätigt eine Studie der Technischen Universität Delft aus dem Jahr 2018. Bei einer international durchgeführten Umfrage gab ein hoher Anteil der 7755 Teilnehmer aus 116 Ländern an, gern in einem autonomen Fahrzeug mitfahren zu wollen. Die Kunststudentin in Amsterdam hätte gegen ein preiswertes Robo-Taxi mit kurzer Wartezeit sicher auch nichts einzuwenden.

#MobilityLifeBalance

Mit einer Initiative stellt ZF den Menschen in den Mittelpunkt von Mobilitätsangeboten und zeigt Lösungen, wo und wie dies am besten gelingt.

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