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#MobilityLifeBalance

Therapie gegen den Verkehrsinfarkt

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Tags: #MobilityLifeBalance, Effizienz, AutonomesFahren
Staus nerven. Dennoch gehören sie zu unserem Alltag. Welche Möglichkeiten gibt es, gegen die zeit- und geldfressenden Stockungen vorzugehen? Ziel ist, den Wunsch nach Mobilität und den Wunsch nach mehr Lebensqualität besser zu vereinbaren.
Andreas Neemann, 01. Juli 2019
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Andreas Neemann hat seinen ersten ZF-Magazintext im Jahr 2001 zum 6HP-Automatgetriebe geschrieben. Seither begleitet der Automotive-Autor mit Faible für komplexe Themen den Konzern in vielen Publikationen für interne wie externe Leser.
Wie jedes Jahr startet auch im Jahr 2019 die Haupturlaubszeit wieder mit langen Staus auf den Autobahnen. Vor dem Gang an den Strand und der angenehmen Brise mit sonorem Meeresrauschen müssen die Reisenden erst den flirrend heißen Autobahnasphalt inmitten einer kilometerlangen Blechlawine hinter sich bringen.

Teure Staus gewinnen rasch an Länge

Teure Staus gewinnen rasch an Länge

Staus sind jedoch nicht bloß ein Phänomen in der Urlaubszeit. Nach Berechnungen des ADAC gab es in Deutschland im Jahr 2017 rund 723.000 Staus. Ihre Gesamtlänge summierte sich auf rund 1,45 Millionen Kilometer. Damit hat sich die Staulänge seit 2011 – damals noch 450.000 Kilometer – mehr als verdreifacht.
Mit diesen erschreckenden Zahlen stehen die Deutschen im internationalen Vergleich noch nicht einmal an der Spitze. Ein vom Navigationshersteller TomTom ermitteltes Ranking der stauanfälligsten Städte der Welt liest sich wie ein Verzeichnis von Megacities in Schwellenländern: auf den ersten Plätzen das indische Mumbai, gefolgt von Bogota und Lima in Südamerika.
Dieser tägliche Stau-Wahnsinn ist nicht nur ein Geduldsspiel für die Betroffenen, sondern auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Im Stau verbrauchen Fahrzeuge mehr Kraftstoff, stoßen mehr Schadstoffe aus und erzeugen mehr Lärm. Die durch den Stillstand bedingten Verspätungen kosten eine Gesellschaft ebenfalls viel Geld. Für Deutschland beziffern Experten den volkswirtschaftlichen Schaden auf etwa 250 Millionen Euro. Pro Tag!

Intermodalität: Verkehrsmittel intelligent vernetzen

Intermodalität: Verkehrsmittel intelligent vernetzen

Notwendig ist, das eigene Mobilitätsverhalten zu überdenken und die Anzahl der Fahrzeuge auf den Straßen zu senken. Beides ist leichter gesagt als getan. Schließlich erhöhen das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Individualisierung das Bedürfnis nach Mobilität weltweit. Ein wichtiges Transportmittel ist und bleibt sicherlich der Pkw. Es zeigt sich aber, dass ein gut funktionierender öffentlicher Personennahverkehr die Städte weniger anfällig macht für riesige Staus. Den Beweis für die Richtigkeit dieses Ansatzes liefert das Städte-Duo Tokio-Yokohama mit seinen 38 Millionen Einwohnern. Obwohl Tokio-Yokohama die weltweit bevölkerungsreichste Metropolregion ist, findet sich deren Name erst auf Platz 25 im Ranking der Stau-Weltmeister. Das liegt unter anderem am extrem leistungsfähigen Metro-System, das täglich 8,5 Millionen Fahrgäste transportiert.
Entscheidend für die urbane Mobilität der Zukunft ist auch, dass verschiedene Verkehrsmittel gut aufeinander abgestimmt sind: Intermodalität ist Trumpf. Luxemburg etwa richtet großflächig Park-and-Ride-Parkplätze an den Einfallstraßen ein, um Autofahrer zum Umstieg auf die (kostenlose) Straßenbahn zu bewegen. Gerade erleben E-Scooter einen rasanten Aufstieg als Fortbewegungsmittel für die letzte Meile zum Ziel. Wer diese elektrisch angetriebenen Roller nutzt, hat seine Fahrt zumeist per Pkw, Bus oder Bahn angetreten. Natürlich boomt auch das Fahrrad – egal, ob mit oder ohne elektrischem Hilfsantrieb. In vielen Städten Europas ersetzen schon heute die Trips per Zweirad private Pkw-Fahrten. Auch Handwerker und Lieferdienste satteln vermehrt um auf diese Form der Fortbewegung. Metropolen wie Amsterdam oder Kopenhagen räumen Radfahrern inzwischen klar die Vorfahrt ein bei der Verkehrsplanung. Fahrradverleih-Stationen in Bahnhofsnähe erleichtern den intermodalen Umstieg. Auch neue Transportkonzepte wie innerstädtische Eisenbahnen halten Menschen an Orten mobil, an denen die Infrastruktur entweder überlastet oder schlichtweg nicht vorhanden ist.
Entscheidend für die urbane Mobilität der Zukunft ist auch, dass verschiedene Verkehrsmittel gut aufeinander abgestimmt sind: Intermodalität ist Trumpf.
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Stockender Verkehr ist in vielen Städten ein alltägliches Bild.

Autonome Lösung im kleinen oder großen Maßstab

Autonome Lösung im kleinen oder großen Maßstab

Eine wichtige Ergänzung könnten künftig autonome Fahrzeuge sein, insbesondere wenn sie als Bus-Shuttles oder Robo-Taxis die Anzahl der privaten Pkw vor allem in den Städten senken. App-gestütztes „Ride-Hailing“ – das Herbeirufen einer autonomen Mitfahrgelegenheit – kann in einer höheren Taktung erfolgen und ergänzt so gut den klassischen öffentlichen Personennahverkehr. Die Autoren einer Studie der Unternehmensberatung Berylls prognostizieren, dass im Jahr 2035 autonom fahrende Autos in verschiedenen Sharing-Modellen bis zu 28 Prozent der innerstädtischen Fahrten übernehmen können.
Schon heute bringen automatisierte Fahrfunktionen auch dann Erleichterung, wenn sich der Stillstand nicht vermeiden lässt. Moderne Assistenten finden vorausschauend alternative Routen. Wer bereits Teil eines Staus ist, profitiert wenigstens von einem Stau-Assistenten, der das Fahrzeug von selbst bremst und vorwärtsbewegt: ein Mehr an Komfort in einer unkomfortablen Lage.
120000000 Neuzulassungen
wird es im Jahr 2040 voraussichtlich geben. Heute werden rund 80 Mio. Autos jährlich neu registriert.

#MobilityLifeBalance

Mit einer Initiative stellt ZF den Menschen in den Mittelpunkt von Mobilitätsangeboten und zeigt Lösungen, wo und wie dies am besten gelingt.

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