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Vom Abfall zum Wertstoff

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Tags: Effizienz, Unternehmen
Abfälle so weit wie möglich vermeiden oder in großem Maßstab zu neuen Wertstoffen aufbereiten und dabei auch noch Kosten sparen. Das ist kein Widerspruch, wie mehrere Projekte aus der ZF-Welt belegen.
Kathrin Wildemann, 08. Mai 2019
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Kathrin Wildemann gehört seit 2016 zum festen Autorenteam bei ZF. In On- ebenso wie in Offline-Beiträgen beschäftigt sie sich bevorzugt mit Elektromobilität und anderen Nachhaltigkeitsthemen.
Es sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass die Weltgemeinschaft ein gigantisches Problem hat: Abfall, besser gesagt, den richtigen Umgang damit. So wabern über afrikanische Müllkippen noch immer schwarze, beißende Rauchschwaden, weil dort die Ärmsten der Armen die Isolierungen von Kabeln abbrennen, um an das wertvolle Kupfer zu gelangen. Gleichzeitig treiben in den Weltmeeren sechs gigantisch große Teppiche aus Plastikmüll.

Wie der wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments mitteilt, belasten schon heute 150 Millionen Tonnen Plastikmüll die Meere – und jedes Jahr wächst die Menge um geschätzte 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen.

Müll vermeiden und Wertstoffe sammeln

Müll vermeiden und Wertstoffe sammeln

Neben der Vermeidung von Abfällen ist besonders die Wiederaufbereitung extrem wichtig. Schließlich enthält der sogenannte Abfall viele Wertstoffe, die viel zu schade zum Wegwerfen sind. Als global aktiver Konzern ist ZF bestrebt, ressourcenschonend zu produzieren und anfallenden Müll auf ein Minimum zu beschränken. Natürlich hält sich ZF überall an die lokal geltenden gesetzlichen Vorgaben, doch laufen an vielen Standorten zusätzlich freiwillige Initiativen für weniger Müll und mehr Umweltschutz durch ein verbessertes Abfallmanagement. Wie das funktioniert, zeigen beispielhaft Projekte aus dem deutschen Schweinfurt und dem brasilianischen Sorocaba.

Brasilien: Restmüllmenge im Werk Sorocaba drastisch gesenkt

Brasilien: Restmüllmenge im Werk Sorocaba drastisch gesenkt

Joao Gambarra, der am brasilianischen ZF-Standort Sorocaba für Umweltthemen verantwortlich ist, hat ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen im Laufe der nächsten Jahre unseren Müll, der auf der Deponie landet, auf Null reduzieren.” Dazu hat das Werk Ende des Jahres 2017 das Projekt ‚Trail to Zero Landfill‘ gestartet. In dessen Fokus stehen jene Abfälle, die bislang noch nicht recycelt wurden. Gambarras Team startete mit einer detaillierten Bestandsaufnahme aller Abfallarten, die in Sorocaba anfallen: Von Abfällen aus der Produktion über Bauschutt bis hin zu Biomüll aus der Kantine und dem Restmüll. Diesen Restmüll – immerhin 230 Tonnen pro Jahr – sammelt ZF in einem Zwischenlager, das mehrere ortsansässige Unternehmen nutzen. Hier landeten oft auch Wertstoffe, die im Restmüll nichts zu suchen haben. „Die erste Maßnahme bestand darin, sowohl unsere Beschäftigten als auch die Mitarbeiter der Sammelstelle darin zu schulen, wie die Abfälle zu trennen sind“, erzählt Gambarra. Allein dadurch reduzierte das Projektteam bereits in den ersten Monaten des Jahres 2018 die durchschnittliche Restmüllmenge von etwa 19 Tonnen auf zehn Tonnen. Ein Großteil davon bestand aus Papiertüchern und Plastikbechern. Für diese Abfallfraktion suchten sich Gambarras Kollegen einen neuen Recycling-Dienstleister. Zwischenbilanz der Bemühungen: „Im Vergleich zu 2017 recyclen wir heute 75 Prozent unseres Restmülls“, erklärt Gambarra stolz.
„Wir müssen wegkommen von unserer Wahrnehmung ‚Abfall ist Müll‘, den man irgendwie loswerden muss. Abfälle sind Wertstoffe und als solche eine Einnahmequelle fürs Unternehmen.“
Matthias Greb, Leiter Produktionsservice bei ZF in Schweinfurt

Bewusstseinswandel durch nachhaltiges Abfallmanagement

Bewusstseinswandel durch nachhaltiges Abfallmanagement

Insgesamt sollen von sämtlichen Abfallfraktionen bis zum Jahr 2020 nur noch 60 Tonnen jährlich deponiert werden; im Jahr 2017 waren es noch 611 Tonnen. Für Sildson Correa endet das Abfallprojekt nicht an den Werkstoren: „Wir haben die Möglichkeit, bei unseren Mitarbeitern eine Kultur des Recyclings zu fördern und sie für die Müllvermeidung zu sensibilisieren. Dieses Bewusstsein nehmen sie dann auch mit nach Hause zu ihren Familien und Freunden.“ Correa ist bei ZF für die Region Südamerika für Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit zuständig.
Egal, ob Kartonagen oder Plastikfolien: Um auf dem Markt einen guten Verkaufspreis zu erzielen, muss beides sortenrein gesammelt werden.

Kleine Prozessänderung – große Auswirkung auf die Umwelt

Kleine Prozessänderung – große Auswirkung auf die Umwelt

Manchmal sind es ganz einfache Maßahmen, die erstaunlich wirkungsvoll sind. Seit letztem Jahr spart Sorocaba beispielsweise durch das Projekt „Orange Treasure“ („Orangefarbener Schatz“) jährlich zehn Tonnen an Metallabfällen ein durch den geänderten Abtransport von Ölschlämmen. Statt wie bisher die Schlämme in 780 orangefarbenen Metallfässern für den Abtransport zu sammeln, werden die öligen Schlämme nun direkt vom Sammelbecken in einen Tanklaster gepumpt. Das senkt das Risiko von Leckagen und Unfällen beim Transport mit Gabelstaplern, vereinfacht die Logistik und spart jährlich noch umgerechnet 15.000 Euro.

Deutschland: Abfallvermeidung generalstabsmäßig geplant am Standort Schweinfurt

Deutschland: Abfallvermeidung generalstabsmäßig geplant am Standort Schweinfurt

Neben dem Umweltaspekt gaben am ZF-Standort Schweinfurt auch die Kosten den Ausschlag dafür, ein umfassendes Abfallvermeidungs- und Recycling-Projekt aufzusetzen. Der Anstoß kam im Jahr 2016 von der Einkaufsabteilung. „Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sind kein Widerspruch – ganz im Gegenteil“, sagt Matthias Greb, Leiter Produktionsservice in Schweinfurt. „Wir müssen nur wegkommen von unserer Wahrnehmung ‚Abfall ist Müll‘, den man irgendwie loswerden muss. Abfälle sind Wertstoffe und als solche eine Einnahmequelle fürs Unternehmen.“ Also analysierte ein Team mit externer Unterstützung sämtliche Abfallströme, Prozesse und die Lieferantenstruktur, um zu einem wirtschaftlicheren Abfallmanagement zu kommen.
19
Tonnen
Restmüll pro Monat aus dem ZF-Werk im brasilianischen Sorocaba landeten im Jahr 2017 noch auf der Deponie. Heute sind es durch konsequentes Recycling gerade noch 5 Tonnen – eine Reduktion um fast 75 Prozent.
Metallabfälle aus der Produktion sind ein wertvolles Wirtschaftsgut.

Pappe und Plastik: vom lästigen Abfall zum begehrten Rohstoff

Pappe und Plastik: vom lästigen Abfall zum begehrten Rohstoff

Aus dem Projekt gingen mehrere erfolgreiche Initiativen hervor, die es ermöglichen, Abfälle wertschöpfend zu neuen Rohstoffen zu recyclen. Heute werden etwa neben Kartonagen auch Plastikfolien – sortiert nach transparent und farbig – direkt vor Ort zu Ballen gepresst. Damit lassen sie sich besser transportieren und leichter bei Recyclingunternehmen vermarkten. Unter dem Strich steht allein hier ein Gewinn von mehr als 130.000 Euro pro Jahr. Nickelhaltige Abwässer werden im Werk auf ein geringeres Volumen eingedampft, was nicht nur die Kosten für den Abtransport reduziert, sondern auch den Schadstoffausstoß: Schließlich erzeugen weniger Lastwagenfahrten auch weniger Emissionen. Dass die Konfektionierung bei Wertstoffen den Preis wesentlich beeinflussen kann, zeigt sich am Beispiel der sogenannten Stanz-Coils. Das sind viele Meter lange, scharfkantige Metallbänder, aus denen Metallteile ausgestanzt wurden. Aufgrund ihrer Länge lassen sich Stanz-Coils nur schlecht handhaben. Der Wiederverkaufswert dieses sortenreinen Produktionsabfalls steigt jedoch sofort, wenn die Coils mit Bändern aus Edelstahl zu gut handhabbaren Rollen zusammengebunden sind.

Abfallverwertung rechnet sich doppelt

Abfallverwertung rechnet sich doppelt

Durch Abfallvermeidung und optimale Vorbereitung der Wertstoffe fürs Recycling schont ZF Ressourcen und spart allein am Standort Schweinfurt jährlich eine Summe im hohen sechsstelligen Bereich ein. Andere deutsche Standorte des Konzerns ziehen mit ähnlichen Initiativen nach.
Zwar hat das Schweinfurter Abfallprojekt im vergangenen Herbst offiziell geendet, doch sucht das ZF-Team dort weiter nach Optimierungsmöglichkeiten. Für Greb nur folgerichtig, denn: „Gesetzliche Vorschriften einzuhalten genügt nicht. Man findet man immer noch etwas, das man besser machen kann – man muss nur die Augen offenhalten."

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