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Unternehmensgeschichte

Das Wunder von Berchtesgaden

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Tags: Heritage, Motorsport
Der 84-jährige Motorsportler Heinrich Maltz hatte bereits 1958 am ersten Roßfeldrennen teilgenommen. 60 Jahre später gelang ihm mit einem DKW Junior von ZF Tradition beim Internationalen Edelweiß-Bergpreis Roßfeld Berchtesgaden der Triumph.
Janine Vogler, 05. Oktober 2018
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Janine Vogler Oldtimer liegen der gelernten Journalistin besonders in der Verbindung mit ZF-Produkten am Herzen. Privat ist sie lieber mit Hund in der Natur oder Motorrad unterwegs.
Er ist der Mann der ersten Stunde beim Roßfeldrennen – vor genau 60 Jahren nahm Heinrich Maltz mit einem DKW zum ersten Mal am internationalen Alpen-Bergpreis in Berchtesgaden teil. Nun hat er am letzten Septemberwochenende 2018 als einziger noch lebender Teilnehmer von 1958 mit einem DKW Junior von ZF Tradition den Gesamtsieg eingefahren. Das 3-Zylinder-Fahrzeug ist Bestandteil der Historischen Sammlung des Technologiekonzerns. Der Zweitakter ist mit einem ZF-Synchroma-Getriebe 4DS6-3 und Saxomat von Fichtel & Sachs ausgestattet.

Das Roßfeldrennen wurde ab 1958 auf der höchsten Panoramastraße Deutschlands als internationaler Wettbewerb für Tourenwagen, Grand-Turisme-Fahrzeuge und Sport- und Formel-Junior-Wagen ausgerichtet. Ab 1961 wurde es als Lauf zur Europa-Bergmeisterschaft gewertet und zog international namhafte Rennsportler wie Niki Lauda, Jochen Mass, Hans Herrmann, Karl Wendlinger oder Dieter Quester an. Die beliebte Veranstaltung wird seit 2013 alle zwei Jahre von Joachim Althammer unter der Schirmherrschaft von Walter Röhrl ausgeführt und weist ein sehr ausgezeichnetes Starterfeld auf. Der komplette Reinerlös wird zur karitativen Unterstützung einer Einrichtung für geistig behinderte Menschen im Berchtesgadener Land verwendet. In diesem Zusammenhang wurde auch der historische Bus MAN SL 200 von ZF unterstützend eingesetzt und transportierte die begeisterten Zuschauer zwischen den Rennen über die Strecke.

Maltz fuhr schon gegen Graf Berghe von Trips

Heinrich Maltz war bis Mitte der 60er Jahre ein sehr erfolgreicher Rennsportler, bis er auf Wunsch seines Vaters in das traditionelle Familienunternehmen für Hochleistungs-Schmierstoffe einstieg und dafür den aktiven Motorsport beenden musste. Er trat damals am Roßfeld sogar noch als Teamkollege von Wolfgang Graf Berghe von Trips in der Formel Junior sowie u.a. gegen den legendären ‚Bergkönig‘ Hans Stuck an. Zusammen mit Alfred Hartmann entwickelte er auf Basis von DKW-Autos die Hartmann-Formel-Junior-Fahrzeuge und fuhr allein für die Scuderia Hartmann neunmal den ersten Platz ein. Sie wollten es in der Formel Junior damals den Italienern zeigen – immerhin fuhr Graf Berghe von Trips im Stanguellini – „aber wir haben uns gesagt, gegen Fiat-Motoren kommen wir leicht an“, erzählt der sympathische Münchner amüsiert. „Ich bin in eine ganz tolle Zeit reingewachsen, damals konnte man auch noch was erfinden.“ Er lernte bei BMW Werkzeugmacher und da wurde mit einer Sportgruppe immer mittwochs im Gelände mit Motorrädern trainiert, so hat er das Fahren gelernt. Das Gelände wurde jeweils nach Brotzeitangebot ausgesucht.
„Auf die Idee, dass man sich da hätte verletzen können, ist man als junger Mann ja gar nicht gekommen. Bei einem Sturz ist man aufgestanden und hat nachgeschaut, ob der Kupplungshebel noch dran und der Tank noch ganz war.“

Als der Vater ihn im Fernsehen sah, war Schluss

Wenn es besonders glatt und rutschig und war, war er in seinem Element, deswegen ist er auch gerne Eisrennen gefahren, wie in Zell am See. Mit der Rückendeckung seiner Mutter konnte er seinem riskanten Hobby nachgehen. Er hatte immer Glück, auch beim Autorennen: „Einmal ist mir bei einem Rennen am Sudelfeld in der letzten Kurve die Hinterachse abgebrochen. Das Auto zog mit über 100 km/h nach links und ist dann geradeaus geschossen – hat wunderbar zwischen die Bäume gepasst. Dazwischen hat es erst das rechte Vorderrad, dann das linke und dann das Hinterrad abgesägt und am Ende bin ich wie in einem Paddelboot dringesessen und den Berg runtergerutscht. Ist nix passiert“, erzählt er lachend. „Die Teile, die es damals von den Achsen weggeschlagen hat, waren über 300 Meter weit unten“

Irgendwann kam sein Vater drauf, was der Sohn an den Wochenenden macht, er hatte ihn sonntags zufällig bei einem Rennen im Fernsehen gesehen – dann war Schluss.
Auch wenn er seit den 60er Jahren kein Autorennen mehr gefahren ist, hat Maltz seine Rennleidenschaft nie ganz aufgegeben: Der passionierte Motorradfahrer fährt bis heute mit einer 220 PS-starken BMW HP4 Clubmeisterschaftsrennen und kann seinen Gesamtsieg am Rossfeld selbst kaum fassen: „Das ist wirklich eine tolle Sache für mich. So ein Auto bin ich in meinem Leben noch nie gefahren und so wenig PS hab ich auch noch nie unter dem Hintern gehabt. Das ist ein Kontrast zu meinem Motorrad, mit dem ich normalerweise von null auf 100 in etwas unter drei Sekunden beschleunige – aber es ist ein Mordsspaß!“.

Der sympathische Fahrer und der DKW Junior kommen am Roßfeldrennen sehr gut an: „Mich haben so viele Menschen hier auf das Auto angesprochen! Ich habe auch seit Jahrzehnten keinen Junior mehr gesehen – und dann noch mit einem dunklen Dach. Das war ja damals schon eine Sensation!“
Seinen originalen Helm von damals hat er übrigens auch zum Rennen mitgebracht, das war eine Maßanfertigung aus London. Als Stirling Moss 1962 seinen schweren Unfall hatte und diesen überlebte, wollte er den gleichen Helm haben und fuhr nach London. Aufziehen konnte er den am Roßfeld jetzt leider nicht, mit seinen ein Meter einundneunzig passt Heinrich Maltz gerade noch ins Auto. Aber er bringt ihm trotzdem Glück: da ist nämlich noch vom letzten Rennen der Dreck mit den Fliegen dran…