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Chassis 2.0 Chassis 2.0

Chassis 2.0 – die Zukunft des Fahrwerks

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Beim Fahrwerk verknüpft ZF die Komponenten und einzelnen Systeme mit Software und schafft so eine Vielzahl an Vorteilen für die Fahrzeuge von heute und morgen.
Andreas Neemann,
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Andreas Neemann hat seinen ersten ZF-Magazintext im Jahr 2001 zum 6HP-Automatgetriebe geschrieben. Seither begleitet der Automotive-Autor mit Faible für komplexe Themen den Konzern in vielen Publikationen für interne wie externe Leser.
Das Konzept Chassis 2.0 liefert die flexible Basis, nach der softwaredefinierte, automatisierte und elektrische Fahrzeuge verlangen. Es verbindet smarte Aktuatoren mit einer skalierbaren E/E-Architektur und großer Funktionsvielfalt.

Über die Transformation der Automobilindustrie ist schon viel geschrieben worden. Dabei dominieren Begriffe wie „Elektroantrieb“ oder „Software“ die Berichterstattung. Ein Stichwort, das in diesem Zusammenhang selten fällt, ist „Fahrwerk“. Unverständlich. Schließlich beeinflussen die neuen Antriebe und Elektronik-Architekturen, die immer besseren digitalen Assistenten sowie der immer höhere Automatisierungsgrad die Fahrwerke künftiger Fahrzeuggenerationen. „Im Fahrwerk läuft alles zusammen“, sagt Christoph Elbers, Vice President Car Chassis Technology bei ZF. „Hier bringen smarte Aktuatoren wie Bremse, Lenkung oder Dämpfung die Intelligenz eines Fahrzeugs erst auf die Straße. Übrigens, ein elektrischer Antrieb lässt sich viel einfacher mit dem Fahrwerk vernetzen als dies im verbrennungsmotorischen Zeitalter der Fall war.“ Deshalb haben die Entwickler bei ZF das Chassis 2.0 geschaffen. Dieses Konzept liefert die flexible Basis, die software-definierte, automatisierte und elektrische Fahrzeuge benötigen.

Das Chassis der Zukunft: maximal variabel

Das Chassis der Zukunft: maximal variabel

Wer das aufeinander abgestimmte Zusammenwirken von Bremse, Lenkung und Dämpfer beherrscht und über Software regeln kann, beeinflusst das Fahrverhalten eines Automobils viel stärker als dies durch jede einzelne Hardware-Komponente allein möglich ist. Sicherheit und Fahrdynamik lassen sich so auf ein neues, höheres Niveau heben. Lenkt der Fahrer selbst, wird ein und dasselbe Fahrwerk sportliches Fahren mit direktem Feedback ermöglichen. Ist der Autopilot aktiv, wird es die Insassen komfortabel von den Straßenunebenheiten und störenden Bewegungen des Aufbaus entkoppeln.
Diese Art von Fahrkomfort wird sogar den Ausschlag dafür geben, dass Passagiere das hoch- und später vollautomatisierte Fahren akzeptieren und schätzen. Es kommt vor allem darauf an, die Vertikaldynamik zu beherrschen. Hier hat ZF durch verschiedene Systeme ein enormes Handlungsspektrum, je nachdem ob die semiaktive Dämpfung CDC oder die aktive sMotion zum Einsatz kommt, oder ob zusätzlich eine Wankstabilisierung (ERC – electronic Roll Control) oder eine Luftfederung an Bord ist.
Die koordinierte Ansteuerung aller Systeme gewinnt dabei sehr stark an Bedeutung. „The Chassis of the Future is Code“. So hat ZF diesen Vorgang bereits vor einigen Jahren beschrieben und zum Ausgangspunkt seines Fahrwerk-Steuerungs-Algorithmus „cubiX“ gemacht. cubiX ist eines der ersten reinen Software-Produkte, die ZF heute anbietet. Es sind daneben auch neue Elektronik-Architekturen, die über Zentralrechner und funktional definierte Domänen-Controller das Zusammenspiel mit einer „software-driven“ Architektur ermöglichen. Treiber dieser Entwicklung sind serviceorientierte, cloud-basierte Architekturen, die beispielsweise Updates von neuen Fahrerassistenzsystemen erlauben bis hin zu automatisierten Fahrfunktionen.

Chance für die Systemintegration

Chance für die Systemintegration

Was bedeutet das für die Fahrwerk-Mechanik? Ohne Querlenker, Dämpfer und Federung wird es auch in Zukunft nicht gehen. Doch mit „Chassis 2.0“ werden alternative Fahrwerkkonzepte möglich, die ZF als Systemintegrator ebenfalls vorantreibt.
Sämtliche Systeme, die ein „Software-defined Vehicle“ ausmachen, lassen sich beispielsweise in einem separaten Unterbau zusammenfassen: Dieser „fahrbare Untersatz“, bestehend aus High-Performance-Controller, CDC-Dämpfer, Bremssystem und Lenkung zusammen mit einem E-Antrieb, kann dann auch verschiedene Fahrzeugaufbauten tragen. Skateboard-Design nennt sich dieser Ansatz. Was aussieht wie ein Rückgriff auf die Body-on-Frame-Architektur früherer Zeiten der Automobilentwicklung, ist die Zukunft. Besonders attraktiv ist das Skateboard-Design für leichte Nutzfahrzeuge, die als Verteilfahrzeuge in der Logistik oder als kleine Personentransporter eingesetzt werden – in jedem Fall autonom.
Einen weiteren Ansatz verfolgt ZF mit einer Baukastenlösung namens mStars. Das modulare Achskonzept kann bei Pkw die Hardware-Basis für das „Chassis 2.0“ bilden. mStars eignet sich für alle Pkw-Segmente sowie Antriebsarten, auch die Hinterradlenkung AKC (Active Kinematics Control) lässt sich bauraumneutral integrieren. Hersteller können auf diese Weise die bauliche Variantenvielfalt reduzieren und dank vernetzter Software dennoch verschiedenste Fahrfunktionen anbieten.
Für Personen- wie auch Transportfahrzeuge, die durch den beengten innerstädtischen Verkehr navigieren müssen mit seinen kleinen Parklücken, engen Gassen, Baustellen und Ladezonen, eignet sich EasyTurn. Das ZF-Achskonzept macht an der Vorderachse Einschlagwinkel von bis zu 80 Grad möglich. Wende- und Parkmanöver gelingen dank dieses extrem hohen Radeinschlags fast spielerisch.

Chassis 2.0 bedient alle Fahrwerk-Trends

Chassis 2.0 bedient alle Fahrwerk-Trends

Mit „Chassis 2.0“ deckt ZF drei mögliche Einsatzfelder seiner Kunden ab: Erstens erfüllt der Technologiekonzern den nach wie vor hohen Bedarf an smarten Aktuatoren für das Fahrwerk in der Längs-, Quer- und Vertikaldynamik wie kaum ein anderer Anbieter. „Vehicle Motion Control ist eines unserer strategischen Handlungsfelder“, so Elbers. Hier finden sich nicht nur Bestseller wie die aktive Dämpferregelung CDC, sondern auch neueste Technik bei Bremse und Lenkung oder ein integrierter Höhenstandsensor. Dieser sammelt während der Fahrt mobilitätsrelevante Daten. Geht es – zweitens – darum, Fahrwerkfunktionen gemäß der veränderten E/E-Architektur aktueller Pkw in einem Vehicle-Motion-Domain-Controller zu integrieren oder sie sogar durch Software-Funktionen zu ergänzen, spielt ZF auch hier seine Kompetenz aus – nicht zuletzt mit der ganzheitlichen Fahrwerksteuerung cubiX. Drittens: ZF ist wegweisend, wenn Fahrwerkkonzepte für flexibel eingesetzte autonome E-Fahrzeuge im gewerblichen Einsatz gefragt sind. In diese Kategorie fallen etwa People Mover, die sich ebenfalls als Materialtransporter einsetzen lassen.
All dies belegt, wie hoch die Bedeutung des Fahrwerks für die erfolgreiche Transformation der Automobilindustrie ist. ZF geht auch auf diesem Gebiet voraus.
„Vehicle Motion Control ist eines unserer strategischen Handlungsfelder – deshalb können wir mit unseren Produkten die komplette Längs-, Quer und Vertikaldynamik von Fahrzeugen regeln.“
Christoph Elbers, Leiter Entwicklung Vehicle Motion Control
ZF