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Unternehmensgeschichte

Beast in Beauty: Alfa Romeo Montreal

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Tags: Motorsport, Heritage
Kaum ein Auto der 70er Jahre fasziniert gerade heute Technik-Begeisterte und Design-Freaks wie der sportliche Montreal. Auch damals schon vertrauten die Italiener bei der Entwicklung auf die innovative Technik von ZF!
Janine Vogler, 27. April 2021
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Janine Vogler Oldtimer liegen der gelernten Journalistin besonders in der Verbindung mit ZF-Produkten am Herzen. Privat ist sie lieber mit Hund in der Natur oder Motorrad unterwegs.
Man muss kein Alfisti sein, um der Faszination eines Montreal ausgeliefert zu sein - Das futuristisch anmutende Alfa-Modell zählt heute zu den schönsten der Luxusklasse, aber technisch auch zu den schwierigsten. Dabei vertrauten die Italiener schon damals auf ZF: Abgeleitet vom Rennsport-Aggregat des Alfa Romeo 33, wird die geballte Kraft des V8-Motors von dem ZF Sportgetriebe S5-18/3 auf die Strasse übertragen.

Kaum ein Auto der 70er Jahre begeistert gerade heute Technik-Fans und Design-Freaks des automobilen Kulturguts. Unter der Motorhaube wartet ein für den Straßeneinsatz auf 2,6 Liter aufgebohrter V8-Motor, der es in sich hat: mit vier obenliegenden Nockenwellen, mechanischer Saugrohreinspritzung und Trockensumpfschmierung wird seine Kraft über das ZF-Fünfganggetriebe auf die Hinterachse geleitet. Das ZF-Selbstsperrdifferential SD DL 175 verhindert das Durchdrehen der hinteren Räder und die Kupplung wurde von Fichtel & Sachs geliefert. Aus dem Stand konnte der Wagen damals schon in weniger als acht Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h erreichen.
Alfa Romeo hatte zwar den Rennsport im Jahre 1951 aufgegeben, aber das Unternehmen blieb dem Sportwagenkonzept treu. Man begann zwar nach und nach die Autos mit selbsttragenden Karosserien zu bauen, doch das war kompliziert und sehr teuer. Nachdem der damalige Bertone-Chefdesigner Giorgetto Giugiaro 1964 mit dem Canguro einen Prototyp auf Basis des Alfa-Tubolare-Chassis gebaut hatte, ging dieser zwar nicht in Produktion, aber der Wagen fand bei Alfa viel Anklang. Deshalb wurde sein Nachfolger Marcello Gandini damit beauftragt, ein ähnliches Modell herzustellen - bis zur Weltausstellung 1967 in Montreal sollte das Resultat vorliegen.
Ganz zeitgemäß dachte man ursprünglich an einen Mittelmotorsportwagen, aber diese Bauweise wurde bereits für den Prototypen verworfen, da aus Zeit- und Kostengründen nur die ‚Giulia‘-Plattform zur Verfügung stand. Der Wagen war ursprünglich als reines Ausstellungsmodell gedacht - der Prototyp begeisterte jedoch die weltweite Öffentlichkeit dermaßen, dass sich Alfa entschloss, ihn als Serientyp aufzulegen.
Bringt Vorschubkraft gleichmäßig auf die Strasse: ZF Lamellen-Selbstsperrdifferential DL 175

Prototyp für die Weltausstellung

Prototyp für die Weltausstellung

Es entstand das Produktionsmodell „Montreal“: ein sehr schönes, schnelles und äußerst innovatives Fahrzeug mit einer Leistung von 200 PS bei 6500 U/min bei 2,6 Liter Hubraum, was eine maximale Geschwindigkeit von über 220 km/h ermöglicht. Motorisiert werden sollte der progressive Luxus-Sportwagen mit einer ‚gezähmten‘ Ausführung des Alfa Romeo-Rennwagen Typ 33 - also einem V8. Vom Tipo 33, der ebenfalls schon mit ZF-Selbstsperrdifferential ausgestattet war, entstanden zwischen 1967 und 1969 auch 18 Exemplare mit Straßenzulassung.
Die sehr elegante, durch ihre Schlichtheit bestechende Coupé-Karosserie mit den glatten Seiten- und großen Glasflächen, den Augenlidern über den Scheinwerfern sowie Fastback und Steilheck verkörpert die Schöpfung des zur damaligen Zeit besonders aktiven Couturier Nuccio Bertone. Der 4220 Millimeter lange Montreal misst nur 1205 Millimeter an Höhe und im hinteren Teil des Wagens befinden sich zwei Notsitze, die jedoch nicht einmal für Kinder groß genug sind.
Neuartige Designelemente wie die Lufteinlässe in der kombinierten B/C-Säule oder die Augenlider über den Scheinwerfern kam ausnehmend gut an. Da Gandini zuvor für Lamborghini kreativ verantwortlich war, ist eine Ähnlichkeit mit dem futuristischen Lamborghini Marzal aber auch mit dem Miura unverkennbar. Nur kaufen konnte man den schönen Wagen noch nicht und nach der Weltausstellung geriet der Wagen daher zunächst in Vergessenheit. Dass die Fertigstellung der serientauglichen Variante des Alfa Romeo Montreal so lange gedauert hatte, lag an den durch den Markt diktierten Prioritäten, bei denen Alfasud und Alfetta Vorrang hatten.
Der Alfa Montreal und sein einzigartiges Design

Ein fünf Jahre altes Design geht in Serie

Ein fünf Jahre altes Design geht in Serie

Drei Jahre später wurde er 1970 am Genfer Salon dem Publikum endlich als Serienvariante präsentiert. Während die Konkurrenz schon mit neuen Autos nachgerüstet hatte, war das Design der selbsttragenden Stahlblech-Karosserie mittlerweile fünf Jahre alt, bis der Wagen schließlich käuflich war. Der durstige Motor schluckte 17 bis 20 Liter Benzin auf 100 km und damit verlief der Absatz in der mittlerweile großen Energiekrise sehr schleppend. Von 1970 bis 1977 wurden insgesamt ca. 3925 Exemplare gebaut – er kostete damals mehr als ein Porsche 911 S oder ein Jaguar E-Type: nämlich rund 35.000 Mark. Viele Designelemente fanden sich an späteren Sportwagen der Marken Lamborghini, Ferrari und Maserati wieder. Da Bertone für die damalige Zeit schon fortschrittliche Rostschutz-Maßnahmen ergriffen hatte, haben noch relativ viele bis heute überlebt.

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